Montag, 23. Januar 2017

Schlechte Verlierer: Das "Spielzeug Bestimmung der Politik" wird den alten Eliten weggenommen und gehässig heulen und zetern sie wie die Schlosshunde...!!!

gelesen und zitiert by Handelsblatt 23.01.2017


ich bin auf dem Rückflug von New York, während ich Ihnen diese Zeilen schreibe. In der Absicht, mich zu zerstreuen und der Gegenwart zu entkommen, lese ich, was die amerikanische Dichterin Sylvia Plath vor mehr als einem halben Jahrhundert über „The Great Gatsby“ geschrieben hat: „Dragon goes to bed with princess“. Unwillkürlich muss ich wieder an Trump denken, der mit seinem neureichen Imponiergehabe Amerika verführt hat. Ich denke aber auch an die Zehntausende von Frauen, die sich nicht haben verführen lassen, die durch New York marschiert sind, die uns veranlasst haben, aus dem Taxi zu springen, um mit ihnen zu gehen. „Not my President“, stand auf einem der Plakate.
Wäre Angela Merkel in New York gewesen, hätte sie dieses Schild in unser aller Namen hochhalten können. Not our President. Es geht dabei nicht um Zu- oder Abneigung, es geht um Interessen. Dieser 45. Präsident - und darin liegt die historische Zäsur seiner Machtübernahme - stellt seine Interessen über unsere. Wir dürfen Amerika dienen oder uns trollen. Amerika kommt zuerst - und danach lange nichts.
Bei einem Notfall ruft man in Deutschland normalerweise die Notrufzentrale 110 an. Wenn in den internationalen Beziehungen Gefahr im Verzug ist, haben sich Israelis und Araber, Weltbankpräsidenten, IWF-Direktoren und deutsche Bundeskanzler angewöhnt, die 001-202-456-1414 zu wählen, die Nummer des Weißen Hauses.

Dort fanden die Ratlosen Rat, die Geldknappen Geld, und wenn es sein musste, lieferte Amerika auch Raketen und Schnellfeuerwaffen.
Alle Präsidenten seit Woodrow Wilson, Initiator des Völkerbundes und Friedensnobelpreisträger,
verstanden sich als Globalisten. „Ich benutze nicht nur das eine Gehirn, das ich habe, sondern auch all die anderen Gehirne der Welt, die ich anzapfen kann“, sagte Wilson, dessen Amerika andere Nationen ein- und nicht ausschloss.
Doch unter der bisherigen Telefonnummer ist kein Anschluss mehr. Trumps Einzug im Weißen Haus beginnt mit einem Rückzug Amerikas. Die USA sehen sich nicht länger als Global Leader, sondern als eine Export-Import-Agentur im Auftrag der amerikanischen Arbeiter. „America First“ ist das Versprechen, mit dem Trump rund 62 Millionen Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen konnte. The dragon goes to bed with princess.
Wie erstarrt steht unsere Kanzlerin da, von innen und außen unberührbar. Weltfremdheit kann auch ohne eigenes Zutun entstehen, zum Beispiel dadurch, dass die Welt sich von der Kanzlerin entfernt. Die Südstaaten der EU kehren ihr den Rücken zu, Großbritannien hat den Anker gelichtet; Amerika ist bereit, den Flottenverband zu verlassen, den es sieben Jahrzehnte anführte.
Es geht für die deutsche Regierungschefin nicht in erster Linie darum, Trump zu kritisieren. Es geht darum, ihn zu erkennen. Noch weigert sich Merkel, die neue Normalität als solche anzuerkennen. Was 2015 als Kontrollverlust an unseren Außengrenzen begann, setzt sich in diesen Tagen als außenpolitische Orientierungslosigkeit fort. Die zentralen Fragen der Außenpolitik bleiben unbeantwortet: Wo steht Deutschland nach dieser Zäsur in Amerika? Wem folgen wir, wenn die USA als Vorhut ausfallen? Wie definieren wir unsere nationalen Interessen? Wo endet Europa, und wo beginnt Deutschland?


Die Überforderung der Kanzlerin ist nicht zu übersehen. Das Amerika, an das sie geglaubt hat, zeigt ihr die kalte Schulter. Das Amerika, in dem sie vor ihrer Politikerkarriere sogar für einige Zeit an der Seite ihres Wissenschaftlerfreundes und späteren Ehemannes gelebt hat, existiert nicht mehr. Trumps Rede zur Amtseinführung war im Grunde eine Abschiedsadresse.
Der Vorgang schmerzt, vergleichbar nur mit dem plötzlichen Ableben beider Elternteile. Die Vollwaise Deutschland muss ihre Lebenstauglichkeit nun allein unter Beweis stellen. Wenn ihr das nicht gelingt, kommt der Vormund.