Schluss mit Leistung und Elite?
Die um sich greifende Wohlfühl-, Gute-Laune-, Spaß- und Gefälligkeitspädagogikschadet unseren Kindern. Je niedriger die Hürden in der Schule, desto schwerer fällt es den jungen Leuten, die Hürden im späteren Leben zu überwinden. Statt den Kindern wieder mehr zuzutrauen und auch mehr zuzumuten, greift in Deutschland indes seit einigen Jahrzehnten eine Erleichterungspädagogik um sich. Bergründet wird dies mit der Behauptung, dass Deutschlands Schüler doch sehr unter schulischer Belastung leiden würden. Das stimmt aber nicht, wenn man sich allein die Tatsache anschaut, dass viele Heranwachsende mehr Zeit vor irgendeinem Bildschirm als beim Lernen verbringen. Und es stimmt auch im internationalen Vergleich nicht: Unter den 11-bis-Jährigen fühlen sich in Deutschland 24 Prozent gestresst, in den USA 40 und in Finnland (!) 44 Prozent.
Gemeinsames Merkmal progressiver Pädagogik scheint ihre Abräumlaune zu sein. Beispiele gefällig? Gymnasium? Elitär, weg damit! Hauptschule? Restschule, weg damit! Förderschule? Diskriminierend, weg damit! Berufliche Bildung „qualified in Germany“? Gibt’s doch sonst auf der Welt nicht, weg damit! Literaturkanon? Bürgerlich, weg damit! Noten und Zeugnisse? Beleidigend, weg damit! Sitzenbleiben? Zeitverschwendung, weg damit! Hausaufgaben? Stressig, weg damit! Frontalunterricht? Mittelalterlich, weg damit! Auswendiglernen? Überflüssig in Zeiten von Google und Wikipedia, weg damit! Anstrengung? Spaßbremse, weg damit! Rechtschreibung? Herrschaftsinstrument, weg damit! …
Moderne Pädagogik tut genau dies: Sie erzieht zur Oberflächlichkeit. Wenn etwas schwierig erscheint, dann denkt Pädagogik nicht darüber nach, wie man den Kindern das Schwierige erfolgversprechend beibringen könnte. Stattdessen schafft man schwierige Inhalte ab. Selbst ein Sigmund Freud, der bekanntermaßen vieles auf das Luststreben des Menschen zurückführte, war überzeugt: Leistung und Erfolg, ja das Erleben von Glück, setzen Bedürfnis- und Triebaufschub voraus. Trotzdem wurden Leistung und Anstrengung vor allem von einer 68er geprägten Pädagogik schier zu Missgunst-Vokabeln.