gelesen und zitiert by Handelsblatt Research Institute vom 2. Juni 2017
Als erste Analyse bieten wir Ihnen einen Artikel unseres Head of Research, Dr. Jörg Lichter, an. Lichter ist habilitierter Wirtschaftshistoriker und beschäftigt sich in seinem Beitrag mit dem "Comeback des Merkantilismus". Der Merkantilismus war die im 17. und 18. Jahrhundert von vielen europäischen Ländern vertretene wirtschaftspolitische Vorstellung, dass ein Land reicher werde, wenn seine Wirtschaft einen möglichst großen Handelsbilanzüberschuss erwirtschaftet. Deshalb wurden die Exporte gefördert und die Importe erschwert. Solche protektionistischen Maßnahmen sind heute verboten und verpönt. Damals aber hatten diese Maßnahmen einen nachvollziehbaren Grund. Denn alle nationalen Währungen waren an die vorhandenen Gold- und Silberbestände der Herrscher gekoppelt. Die Folge war, dass in den Ländern, in denen es keine abbauwürdigen Edelmetallvorkommen gab, ein Geldmangel herrschte, der wiederum Wirtschaftswachstum und Beschäftigung hemmte. Einnahmen aus den Handelsbilanzüberschüssen führten zu einer Erhöhung der Gold- und Silberreserven, erlaubten die Vergrößerung der umlaufenden Geldmenge und stimulierten so die Wirtschaft. Heute würde man in diesem Zusammenhang von expansiven Multiplikatorprozessen sprechen.
Der Merkantilismus wurde nicht zuletzt als Folge der Arbeiten von Adam Smith und David Ricardo Anfang des 19. Jahrhunderts verworfen und durch die Freihandelsdoktrin ersetzt. Dennoch argumentiert Jörg Lichter, dass in Ländern mit einem exportorientierten Geschäftsmodell – also nicht zuletzt in Deutschland, aber auch in den Niederlanden, der Schweiz oder Österreich – Leistungsbilanzüberschüsse durchaus als etwas Erstrebenswertes angesehen werden und daher eine verkappte neomerkantilistische Politik der Exportförderung betrieben wird. Vor diesem Hintergrund wäre dann die Kritik am chronischen deutschen Leistungsbilanzüberschuss, wie sie von der US-Administration, dem IWF, der Weltbank und der EU-Kommission erhoben wird, durchaus berechtigt. Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung und lassen Sie sie uns wissen.
Der Merkantilismus wurde nicht zuletzt als Folge der Arbeiten von Adam Smith und David Ricardo Anfang des 19. Jahrhunderts verworfen und durch die Freihandelsdoktrin ersetzt. Dennoch argumentiert Jörg Lichter, dass in Ländern mit einem exportorientierten Geschäftsmodell – also nicht zuletzt in Deutschland, aber auch in den Niederlanden, der Schweiz oder Österreich – Leistungsbilanzüberschüsse durchaus als etwas Erstrebenswertes angesehen werden und daher eine verkappte neomerkantilistische Politik der Exportförderung betrieben wird. Vor diesem Hintergrund wäre dann die Kritik am chronischen deutschen Leistungsbilanzüberschuss, wie sie von der US-Administration, dem IWF, der Weltbank und der EU-Kommission erhoben wird, durchaus berechtigt. Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung und lassen Sie sie uns wissen.