Von Markus Zydra, Frankfurt
Es war der 6. Oktober 1979, Paul Volcker
übernahm an diesem Tag den Chefposten bei der amerikanischen Zentralbank
Federal Reserve. Die USA, in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zur
wirtschaftlichen Supermacht aufgestiegen, steckten in der Falle.
Inflationsraten bis zu 15 Prozent bei
wirtschaftlicher Stagnation zerstörten Firmen und trieben die
Arbeitslosenzahlen in die Höhe. Volcker sah nur einen Weg aus der Krise,
er musste mit der Politik des billigen Geldes seiner Vorgänger
radikal brechen.
William McChesney Martin, von 1951 bis 1970
der am längsten amtierende Fed-Chef, sein Nachfolger Arthur Burns, der
später US-Botschafter in Deutschland wurde, und Notenbankpräsident
George William Miller, danach Finanzminister unter Präsident Jimmy
Carter - sie alle hatten die US-Wirtschaft in den 1960er- und
1970er-Jahren mit billigen Krediten versorgt. Die US-Notenbank fungierte
als Büttel der Politik, vor allem die Finanzierung des Vietnamkrieges
war teuer. Diese laxe Geldpolitik hatte ihren Preis: Stagflation.
Volcker wusste, dass seine Medizin zunächst wehtun würde, denn er erhöhte den US-Leitzins auf über 20
Prozent. Das war ein Schock für die amerikanische Wirtschaft, die
daraufhin zwei kurze und heftige Rezessionen durchlebte. Doch am Ende
hatte Volcker alles richtig gemacht und den Grundstein gelegt für die
lange Wachstumsperiode in den USA während der 1980er- und 1990er-Jahre.
Die Geschichte der amerikanischen Notenbankpräsidenten ist ein
Spiegel der großen Krisen. In der schlimmen Depression der 1930er-Jahre
verknappte die Fed das Geld - ein Fehler, wie Ben Bernanke, der
amtierende Fed-Präsident, immer wieder betont. Auch deshalb hat Bernanke
mit Beginn der Finanzkrise ab 2007 genau
das Gegenteil getan und die Geldschleusen weit geöffnet, durch
rekordtiefe Zinsen und den Ankauf von amerikanischen Staats- und
Hypothekenanleihen: die Notenpresse als Instrument der Revitalisierung
schockerstarrter Wirtschaftsakteure.
Greenspans billiges Geld ermöglichte Finanzkrise
Die Geschichte der Fed ist somit auch eine Geschichte der großen
Lehren. Mit seiner Geldpolitik hat Bernanke Neuland betreten. Noch nie
zuvor hat die Fed so massiv Geld in den Kreislauf gepumpt. Anders als zu
Volckers Zeiten ist die Inflationsrate niedrig, doch Bernanke hat
angedeutet, dass er den Geldhahn langsam zudrehen möchte - sobald sich
die Wirtschaft wieder erholt hat. Bernankes Geldpolitik ist nicht
unumstritten. Das viele Geld fließt zum Teil in Spekulationen an der
Börse, wo die Kurse stark gestiegen sind. Diese Situation weckt
Erinnerungen an Bernankes Vorgänger Alan Greenspan, der sich in seinen
besten Zeiten einen Kultstatus erarbeiten konnte.
Greenspan, ein stets schelmisch grinsender Mann mit großer
Hornbrille, bezeichnete Geldpolitik als "Kunst", die auch viel mit
Kommunikation zu tun hatte. Greenspan gab sich gern kryptisch. Legendär
ist folgender Satz von ihm: "Ich weiß, dass Sie glauben, Sie wüssten,
was ich Ihrer Ansicht nach gesagt habe. Aber ich bin nicht sicher, ob
Ihnen klar ist, dass das, was Sie gehört haben, nicht das ist, was ich
meine." Doch hinter dieser Komik verbarg sich eine klare Geldpolitik,
denn in seine Amtszeit von 1987 bis 2006 fielen einige Wirtschaftskrisen, die er stets mit niedrigen Zinsen konterte.