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Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder mit einem Kreuz Foto: picture alliance/ dpa |
Der Beschluß des bayerischen Ministerpräsidenten, im Eingangsbereich
von Ämtern wieder Kreuze aufzuhängen, hat zu Reaktionen geführt, die man
nicht anders als bizarr bezeichnen kann. Dabei erstaunt weniger der
Vorwurf der politischen Gegner Markus Söders und einiger Journalisten,
dieser wolle das Thema nur für den bayerischen Landtagswahlkampf
instrumentalisieren. Eine völlig nichtssagende Aussage, unüberprüfbar
und bei jedem im Wahlkampf aufgegriffenen Thema einsetzbar.
Nein, grotesk erwies sich die Diskussion ab jenem Zeitpunkt, als sich
jene am meisten echauffierten, von denen es ein gesunder
Menschenverstand am wenigsten erwartet hatte. Dabei ist es primär gar
nicht die Angst vor einer Rechristianisierung, die hohe Geistliche der
katholischen Kirche umtreibt. Eine Gefahr, die ohnehin verschwindend
gering ist, solange Marx, Woelki & Co. die Herde leiten.
Das Kreuz ist Kernfrage bei der Leitkultur
Nein, ihnen geht es um etwas anderes. Tatsächlich haben sie Angst,
daß ihr zum neuen Dogma erhobenes Islam-Appeasement durch das
Kreuzzeichen gestört werden könnte. Eine Angst, die man als
Reisemitbringsel von Kirchenmännern wie dem Münchener Kardinal Marx
bezeichnen könnte. Machte der doch zusammen mit seinem protestantischen
Mitbruder Bedford-Strohm 2016 Schlagzeilen, als er den Tempelberg in
Jerusalem besuchte und dort im Beisein der Muslime bereits sein
Brustkreuz versteckte.
Eine Angst, die Söder-Kritiker mit höheren kirchlichen Weihen nun
sogar ganz offen benennen. So etwa der Würzburger Hochschulpfarrer
Burkhard Hose in einem offenen Brief an Söder: „Beenden Sie den
Mißbrauch des Christlichen und seiner Symbole als vermeintliches
Bollwerk gegen den Islam!“
Damit hat Hose tatsächlich den Knackpunkt der Debatte getroffen, auch
wenn er so tut, als ob das Kreuz Privatbesitz von Kirchenmännern wäre.
Das Kreuz ist vielmehr über Jahrhunderte zum Symbol für die europäische,
die deutsche und natürlich die bayerische Kultur geworden.
Jüdisch-christlicher Kult und abendländische Kultur sind untrennbar
miteinander verbunden, holen ihre Lebendigkeit aus fortwährender
gegenseitiger Befruchtung. So ist die Frage nach dem Kreuz auch eine der
Kernfragen, wenn es um unsere Leitkultur geht. Daher wäre es sogar
fahrlässig gewesen, dieses Thema aus dem Wahlkampf auszuklammern.
Es gibt kein religiöses Vakuum
Als die ehemalige Staatsministerin für Integration Aydan Özoğuz vor
einem Jahr davon sprach, eine „spezifisch deutsche Kultur“ sei „schlicht
nicht identifizierbar“, gab sie vermutlich nur einen Eindruck wieder,
den viele hier lebende Muslime von Deutschland haben. Tatsächlich sah es
in den letzten Jahren immer öfter so aus, als ob sich die Deutschen
weitgehend von zentralen identitätsstiftenden Faktoren, von Geschichte,
Kult und Kultur verabschiedet hätten.
Was man dabei unterschätzte, war das nahezu unzerstörbare religiöse
Grundbedürfnis des Menschen. Schon in vorchristlicher Zeit sprach die
Philosophie von einer zum Menschen wesenhaft gehörenden Religiosität.
Damit verbunden ist die immer wieder neu durch die Erfahrung bestätigte
Erkenntnis, daß es ein religiöses und damit kulturelles Vakuum
eigentlich nicht beziehungsweise nicht lange geben kann.
Wo es entsteht, drängen sich andere Religionen oder Religiositäten
hinein. Anschaulich hat das der deutsche Lyriker Emanuel Geibel (+1884)
zum Ausdruck gebracht, als er dichtete: „Glaube, dem die Tür versagt, /
steigt als Aberglaub’ durchs Fenster. / Wenn die Götter ihr verjagt, /
kommen die Gespenster.“
Das Kreuz ist Teil der freiheitlichen Demokratie
Wahlkampf in Bayern hin oder her: Derzeit scheinen wir uns in genau
einem solch temporären Vakuum zu befinden. Es wird keine lange
Lebensdauer haben. Wir stehen am Scheideweg: das Kreuz oder der
Halbmond. Einen dritten Weg, eine Alternative wird es nicht geben.
Die Leere des Atheismus ist nur das Präludium der Scharia. Wo das
Kreuz verschwindet, wird der Halbmond innerhalb weniger Jahre
triumphieren. An die Stelle der Menschenrechte und des Grundgesetzes
werden Koran und Scharia treten.
Damit ist auch klar: Wem der Erhalt unserer freiheitlichen Demokratie
und unseres Rechtsstaates ein Anliegen ist, der wird sich für das Kreuz
entscheiden müssen, das im aktuell gelebten Christentum für die
Freiheit und das Leben steht. Aus der Ethik der Zehn Gebote und der
Bergpredigt Jesu sind die Menschenrechte, aus der christlichen
Philosophie die Aufklärung und der Humanismus hervorgegangen.
Symbol für Gleichberechtigung
Es war der Gott der jüdisch-christlichen Tradition, nicht Allah, dem
die Väter unseres Grundgesetzes dort eine feste Stelle gegeben haben.
Wohl wissend darum, daß – wie es das Böckenförde-Diktum sagt – „Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.
Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen
ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich
die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der
moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft,
reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht
von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und
autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit
aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch
zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen
herausgeführt hat.“
So ist die vom Kreuz geprägte Kultur nicht nur Heimat und
Geborgenheit, sie steht auch für einen Respekt vor der menschlichen
Person, vor dem, was unser Grundgesetz die unantastbare Würde des
Menschen nennt. Eine Würde, die unabhängig ist von Hautfarbe, sozialem
Status und auch von der Religion.
Das Kreuz steht für Gleichberechtigung von Männern und Frauen, für
eine Gesellschaft, in der sich auch Juden mit Kippa sicher auf die
Straße wagen können, in der Homo- und Transsexuelle nicht befürchten
müssen, gesteinigt zu werden und kleine Mädchen nicht zwangsverheiratet
werden. Daß das unter dem muslimischen Halbmond völlig anders ist,
zeigen uns die täglichen Nachrichten. Der real existierende Islam steht
für eine Minderbewertung von Frauen, Haß auf alle Ex- und Nichtmuslime,
auf Trans- und Homosexuelle. Weil wir keinen Rückfall in die
voraufklärerische Barbarei wollen, sollten wir endlich davon sprechen,
daß das Christentum und damit auch das Kreuz zu Deutschland gehören.