Mittwoch, 23. Mai 2018

Sie irren, Herr Broder, bezüglich des Islam

https://juergenfritz.com/2018/05/18/broder-islam/






Es sei „schwierig, den Islam zu definieren“ sagte der überaus geschätzte Henryk M. Broder kürzlich in „Broders Spiegel: Die Islamisierung jeder Debatte“Den Islam gäbe es gar nicht, ist immer wieder von verschiedener Seite zu hören und wer darauf herein fällt, ist damit bereits in die gezielt ausgelegte Falle getappt. Im folgenden werde ich versuchen zu verdeutlichen, was genau hier abläuft, wie diese Verschleierungsstrategie auf perfide Weise eingesetzt wird und warum wir dem auf keinen Fall auf den Leim gehen sollten.

Wenn man nicht weiß, was X ist, kann man auch nicht sagen, welche Folgen X nach sich zieht

Lieber Herr Broder, gestatten Sie mir bitte zunächst, das Wort direkt an Sie zu richten. Da ich Sie für eine absolute Schlüsselfigur in diesem seit langem tobenden und zunehmend heftiger werdenden Meinungskrieg halte, einer der ganz wenigen, der den Herrschsüchtigen in Politik und M-Medien in keiner Weise nach dem Mund redet und der gleichwohl nicht ignoriert, der gleichwohl eingeladen und ernst genommen, dem zugehört wird und dessen Wort besonderes Gewicht zukommt, halte ich es für sinnvoll, diesen Punkt, wenn er aus ihrem Munde kommt, aufzugreifen.
Es sei „schwierig, den Islam zu definieren“, sagen Sie in „Broders Spiegel: Die Islamisierung jeder Debatte“. Und Sie fahren fort: „Man könnte aber durchaus definieren, welche Folgen der Islam in Deutschland hat.“ Diese zwei Sätze, wenn Sie mir erlauben, das so klar zu sagen, sind im Zusammenhang bereits unsinnig. Denn Sie sagen damit: „1. Ich weiß nicht ganz genau, was X ist (denn ich kann es nicht definieren, kann es also nicht abgrenzen und inhaltlich nicht genau bestimmen), aber ich kann 2. genau beschreiben, welche Folgen X hat.“ Wenn Sie nicht genau wissen, was X ist, können Sie auch die Folgen von X nicht genau angeben. Denn wenn jemand sagt, x1 zeitige die und die Folge, er wisse aber nicht ob x1 zu X gehört, dann kann er die Folgen von x1 auch nicht X zuordnen.
Um noch deutlicher zu machen, was hier vorliegt, möchte ich einen kleinen Ausflug in die Sprachphilosophie, in die Logik und in die Ontologie (Seinslehre) machen, um besser zu verstehen, was wir eigentlich tun, wenn wir Begriffe benutzen. Ansonsten wissen wir nämlich eventuell nicht nur nicht genau worüber wir reden, sondern wir wissen dann auch nicht genau, was wir reden.

Begriffsbildung

Alles Sprechen basiert, wenn wir nicht nur einzelne Worte hervorbringen, spätestens wenn wir anfangen, ganze Sätze zu formulieren auf der Bildung von Begriffen in unserem Geist. Was ist damit gemeint? Die Welt selbst ist voller Dinge oder Entitäten, Gegenstände, die für unsere Wahrnehmung irgendwie abgrenzbar sind, zum Beispiel eine Person, ein Tier, ein Baum, ein Fahrrad, ein Auto, ein Haus usw. Nun könnten wir hingehen und jedem Einzelding einen eigenen Namen geben, so wie der Schäfer vielleicht jedem einzelnen Schaf einen Namen gibt, es quasi individualisiert, so auch jedem einzelnen Baum, jedem Apfel, jedem einzelnen Sandkorn. Wir merken sofort, das erscheint irgendwie nicht sehr sinnvoll. Wir bräuchten dann sehr, sehr viele Namen. Vor allem aber: Was würde das bringen? Nein, unser Geist operiert von klein auf anders. Was tut er und wie macht er das?
Er bildet Gruppen von Entitäten, fasst diese zusammen in Klassen, zum Beispiel die Klasse Sandkörner oder Äpfel oder Bäume oder Menschen. Wie machen wir das? Indem wir x1, x2, x3 … abgleichen. Obwohl keine zwei Entitäten in all ihren Eigenschaften gleich sind, haben sie doch alle Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Über die Gemeinsamkeiten können wir Klassen bilden. Je mehr Gemeinsamkeiten Dinge haben, desto kleiner die Klasse der Elemente, die zu dieser Klasse gehört. Elefanten haben untereinander mehr Gemeinsamkeiten als Elefanten und Affen. Daher ist die Klasse der Elefanten kleiner als die Klasse der Säugetiere. Die Klasse der Säugetiere ist kleiner als die Klasse der Tiere. Die Klasse der Tiere ist kleiner als die Klasse der Lebewesen usw. Das heißt, wir können Begriffe, Ober- und Unterbegriffe bilden.

Begriffsumfang und -inhalt (Extension und Intension)

Und ein Begriff ist zum einen definiert (abgegrenzt von allem, was nicht zu diesem Begriff gehört) über die Dinge, die Entitäten, die Gegenstände – damit ist hier alles gemeint, was es gibt (Seiendes), auch Personen oder abstrakte Dinge -, die zu ihm gehören. Dies ist sein Begriffsumfang, seine Extension. Um also den Begriffsnamen, das Wort, die Bezeichnung richtig verwenden zu können, muss zuvor der Begriff im Geist richtig gebildet werden. Das ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Es erfordert eine enorme geistige Leistungsfähigkeit.
Wenn Kinder die Sprache erlernen, so geschieht hier immer wieder aufs Neue eine Wunder, das nur möglich ist, weil unsere Kinder die intellektuelle Potenz zur Begriffsbildung bereits in sich tragen, diese aber natürlich korrekt erlernen müssen, was wie gesagt nicht leicht ist. Wenn der kleine Max zur Kuh „Wawau“ sagt, sind wir meist geneigt zu lachen – was dem kleinen Max hilft, zu erfassen, dass er das Wort nicht richtig zugeordnet hat. Aber woher soll Max am Anfang wissen, worauf das Wort „Wawau“ oder „Hund“ rekurriert? Der Begriff ist ja in seinem Kopf noch nicht vorhanden, er muss erst gebildet werden. Wie das genau funktioniert, damit hat sich insbesondere Ludwig Wittgenstein, das Jahrhundertgenie, sehr intensiv befasst. Dies geht am Anfang nur, indem immer wieder auf Exemplare x1, x2, x3, aber auch y1, z1 … gezeigt und deutlich gemacht wird: Das ist ein Hund, das andere nicht. Das ist eine Kuh. Der Geist von Max muss jetzt erfassen, was ist das Gemeinsame aller Hunde und was ist das Gemeinsame aller Kühe und was unterscheidet diese. Das muss er irgendwie in seinen Kopf reinkriegen.
Bei Hunden und Kühen mag das noch recht einfach sein, spätestens bei abstrakten Begriffen wie Zahl, Mathematik, Relativitätstheorie, Freiheit, Toleranz, Würde oder eben Islam wird das immer schwieriger. Wie wollen Sie auf Toleranz mit dem Finger drauf zeigen? Ab einem bestimmten Punkt muss die weitere Begriffsbildung also anders von statten gehen. Wie? Über die Begriffsinhalte, die Intensionen. – Das hat nichts mit Intention = Absicht zu tun. Klingt zwar fast genauso, ist aber ein völlig anderer Begriff mit völlig anderem Begriffsinhalt und völlig anderem Begriffsumfang.

Explikationen

Den Begriff „Toleranz“ könnten wir zum Beispiel wie folgt erklären (explizieren) und damit auch zu anderen Phänomenen abgrenzen (definieren): „Toleranz bedeutet Duldsamkeit, ein Geltenlassen und Gewährenlassen anderer, fremder Überzeugungen, Handlungsweisen und Sitten, diese zu ertragen, auch und gerade wenn man sie selbst nicht teilt.“
Jetzt wird ein Begriff – Toleranz – also über andere Begriffe – Geltenlassen, Überzeugungen, Sitten etc. – erklärt, was voraussetzt, dass diese verstanden und korrekt gebildet wurden. Und jetzt merken wir auch schon, wenn Begriffe an der Basis schon ungenau gebildet wurden, setzen sich diese Ungenauigkeiten nach oben bei den noch abstrakteren Begriffen fort, was leicht dazu führen kann, dass Missverständnisse auftreten, die nicht leicht auszuräumen sind, weil jetzt quasi erstmal ein Abstieg erfolgen müsste, bei dem die Basisbegriffe im Geist erstmal korrigiert werden müssten.
Wenn zum Beispiel jemand den Begriff der Mumie nicht richtig erfasst hat, dann sagt er vielleicht: „Die Ureinwohner Ägyptens waren die Mumien“. Wenn er dann irgendwann hört, dass man meinetwegen in Südamerika auch Mumien gefunden hat, dann wird er überlegen, wie denn die Ureinwohner Ägyptens nach Südamerika gekommen sind.

Wort – Assoziationen – Begriff

Hierbei geht es nicht darum, welche Vorstellungen und Assoziationen in Ihnen oder mir entstehen, wenn wir ein Wort (Bezeichnung) hören. Wenn Sie das Wort „Mond“ oder „Fluss“hören oder lesen, haben Sie mit Sicherheit andere Assoziationen als ich. Vielleicht assoziieren Sie bei Fluss einen Spaziergang oder ein Unwetter und ich Heraklit oder umgekehrt, aber wir können wahrscheinlich beide auf ganz viele Entitäten zeigen oder solche benennen und beide sagen: „Das ist ein Fluss“.
Wenn Ihr und mein Begriffsumfang identisch sind, dann haben wir den gleichen Flussbegriff in unserem Kopf – unabhängig von unseren Assoziationen – und an der Stelle wird es kaum Missverständnisse zwischen uns geben, weil wir mit dem Wort das Gleiche meinen. Das von dem Wort „Fluss“ Bezeichnete ist bei uns dann identisch. Und wenn sich ein Engländer zu uns dazu gesellt, so wird er den gleichen Begriff als „river“ bezeichnen, meint aber eventuell ebenfalls das Gleiche. Umgekehrt kann ein Wort ganz verschiedene Begriffe bezeichnen (Homonym, Äquivokation), zum Beispiel „Bank“ für die Sitzgelegenheit und das Kreditinstitut – gleiches Wort, anderer Begriff. Und verschiedene Wörter können den gleichen Begriff meinen (Synonyme), z.B. Orange und Apfelsine. So, jetzt aber zurück zum Islam.

Bei der Behauptung, den Islam gäbe es gar nicht, geht es nur um eines: Verschleierung

Es gibt enorm einflussreiche Kräfte, sowohl innerhalb der islamischen Welt als auch außerhalb dieser, insbesondere bei uns und hier ganz besonders in der Ecke der Grünen, der Sozis, der Linken und auch der CDU und FDP, aber auch in der Führung der christlichen Kirchen, die zu verhindern trachten, dass ein klarer Begriff des Islam im Geist unserer Bürger gebildet wird. Frage: Warum wollen sie das verhindern?
Antwort: Weil sie verschleiern wollen. Die Erfindung des Begriffs „Islamismus“, den es im Arabischen und in der islamischen Weltanschauung gar nicht gibt, dient zum Beispiel genau diesem Zweck: der Verschleierung. Dazu gleich mehr. Doch fragen wir jetzt: Was bedeutet Islam? Wie können wir diesen exakt definieren (abgrenzen) beziehungsweise explizieren (erläutern)?

Nominal- und Realdefinition (Explikation)

Das ist bei weitem nicht so schwer, wie die systematischen Verschleierer (Heuchler) uns glauben machen wollen. Wir suchen zunächst den Oberbegriff und dann die spezifischen Merkmale. Das Verfahren, Realdefinition genannt, geht schon auf Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) zurück. Anders als bei der Nominaldefinition geht es hier nicht darum einen Begriff durch einen anderen zu ersetzen, zum Beispiel so: Sprachwissenschaft = Linguistik. Eine solche Nominaldefinition enthält keinerlei empirischen Informationen. Sie kann auch nicht wahr oder falsch sein, da es einfach eine mehr oder weniger sinnvolle und brauchbare Setzung ist.
Anders dagegen die Realdefinition. Hier haben wir eine echte Sacherklärung, die wertvolle Informationen über das Bezeichnete, hier den Islam, enthält. Eine Realdefinition von X liefert Aussagen über die Eigenschaften von X, die wesentlich sind für X. Diese Aussagen können wahr oder falsch sein. Was hier also geschieht, ist, dass ein Begriff, das was von dem Wort „Islam“ bezeichnet wird, erläutert wird. Daher spreche ich normalerweise eher von Explikation als von Definition, wenngleich die Explikation natürlich auch zu einer Abgrenzung zu anderen Phänomenen führt, somit X auch definiert. Was sind nun also die wesentlichen Eigenschaften des Dings, das wir „Islam“ nennen (die Anführungszeichen setze ich hier, weil ich das Wort, die Bezeichnung meine und nicht den Begriff selbst, nicht das von dem Wort Bezeichnete).

Beim Islam handelt es sich um eine religiöse Weltanschauung

Beim Islam handelt es sich 1. um eine Religion (Oberbegriff), also eine spezielle Weltanschauung (Oberoberbegriff), die a) eine zweite Welt, eine Transzendenz (Jenseits) postuliert oder annimmt, an dessen Existenz die Anhänger dieser Weltanschauung fest glauben. Ferner glauben diese b), dass diese jenseitige, sinnlich nicht direkt erfassbare Welt irgendwie Einfluss habe auf das Diesseits. Das ermöglicht z.B. die Motivation zu beten, weil derjenige hofft, dass durch sein Gebet eine Macht aus dem Jenseits zu seinen Gunsten in das Diesseits eingreifen würde, wenn er sich dieser höheren Macht unterordnet und sie brav anbetet.
Das heißt, er erhofft sich, dadurch selbst Macht über das Diesseits zu erlangen, indem er eine höhere Macht durch sein Brav-sein günstig zu stimmen sucht, was bei nicht personenhaften Naturgesetzen nicht ganz so viel Sinn ergäbe. Da das Jenseits so vorgestellt wird, dass es auf das Diesseits (die Immanenz) irgendwie Einfluss nehmen kann, verändert dies also das Diesseits selbst, welches dadurch c) ebenfalls zweigeteilt wird in eine Sphäre des Profanen (Weltlichen) und eine Sphäre des Heiligen.
Zur Religion wird das Ganze, wenn d) hinzu kommt, dass diese Vorstellungen zu einem System ausgebaut werden, das auch rationale Elemente (logische Verbindungen) enthält und das das Zusammenleben der jeweiligen religiösen Weltanschauung (der Religionsgemeinschaft) regelt. Dies alles trifft auf den Islam eindeutig zu, so dass es sich um eine Religion handelt. Doch was ist nun das Spezifische am Islam? Was unterscheidet ihn von anderen religiösen Weltanschauungen?
Innerhalb des Religionsbegriffs könnten wir zunächst die Gruppe von Weltanschauungen als Unterbegriff zusammenfassen, die in ihre vorgestellte Transzendenz Götter hineinsetzen. Dann könnten wir innerhalb dieser Gruppe diejenigen als Untergruppe dieser Untergruppe beschreiben, die genau einen Gott postulieren. Das wären insbesondere die drei größeren das Judentum, das Christentum und der Islam, sowie einige kleinere. Damit haben wir den Begriff Islam schon mal recht gut eingegrenzt. Jetzt geht es darum, das Spezifische am Islam zu fassen zu bekommen, seine Essenz.

Die Essenz des Islam 1: Allah und Mohammed

Betrachten wir dazu als erstes das islamische Glaubensbekenntnis (Schahāda, auch: Taschahhud), das die erste der sogenannten „fünf Säulen des Islam“ bildet. Dieses lautet: a) „Es gibt keinen Gott (oder: keine Gottheit) außer Allah“. Warum „Allah“ niemals mit „Gott“übersetzt werden sollte, erläuterte ich bereits an anderer Stelle. Hier nur ganz kurz: Mit Allah ist der arabische Gott gemeint und das ist ein anderer als zum Beispiel der Christengott, da er andere Eigenschaften hat als dieser (der eine hat einen Sohn, der andere nicht, der andere ist ein liebender Gott, der andere ist nur „barmherzig“ usw.). Der zweite Teil des Glaubensbekenntnisses ist die Bestätigung Mohammeds als Gesandter Gottes: b) „Mohammed ist der Gesandte Gottes“
Damit haben wir bereits die Essenz der Essenz der islamischen Weltanschauung. Es gibt einen und nur eine Gottheit, nämlich Allah, und Mohammed ist sein Prophet. Wer das auch nur ansatzweise negiert, kann kein Muslim = Anhänger des Islam sein. Zu sagen, ja, es gebe nur eine einzige Gottheit, aber Mohammed war nicht von dieser gesandt, bedeutet, den Islam zu negieren. Ebenso wenn jemand sagt, Mohammed sei ein kluger, weiser Mann und guter Staatsgründer gewesen, an seine Regeln solle man sich halten, aber eine Gottheit gebe es gar nicht oder aber es gebe mehrere solche. Daher können Muslime auch Jesus nicht als göttlich ansehen, da es somit ja zwei göttliche Personen gäbe, Vater und Sohn (ebenso bei der jüdischen Weltanschauung). Für Muslime (und Juden) ist Jesus ein Prophet, aber nicht der Sohn Gottes, nicht von göttlicher Natur, sondern nur und ausschließlich Mensch.

Wer die Essenz negiert, ist aus Sicht der Muslime ein Ketzer

Und der erste Denker im islamischen Kulturkreis, der ohne Einschränkung für die Autonomie der Philosophie eintrat, Abū Bakr Muḥammad ibn Zakaryā ar-Rāzī (Rhazes, 865 – 925), der wohl größte Mediziner und einer der größten Gelehrten seiner Zeit weltweit, der zwar den einen und einzigen Gott lehrte, der aber davon überzeugt war, dass dieser barmherzige und gerechte Gott allen Menschen die Fähigkeit zur Erkenntnis geschenkt habe, der mithin ausschloss, dass es so etwas wie ein exklusives Offenbarungswissen für einzelne Personen gäbe, der somit alle, die sich selbst als Propheten ausgaben, negierte und diese als Betrüger bezeichnete, war kein Muslim, war kein Anhänger des Islam.
Denn Rhazes war der Auffassung: Alle sogenannten „Propheten“, insbesondere Moses, Jesus und Mohammed, täuschten ihre Eingebungen nur vor (vielleicht auch vor sich selbst), um dann eine angeblich privilegierte Gemeinschaft hinter sich scharen, die dann meist nichts Besseres zu tun habe, als sich mit anderen Gemeinden, die sich ebenfalls im alleinigen Besitz dieser „geoffenbarten Wahrheit“ wähnen, die aber seltsamerweise denen der anderen widerspricht, Krieg zu führen. Ganz folgerichtig wurde Rhazes schon von seinen Zeitgenossen als „Ketzer“ bezeichnet und sein Werk nur bruchstückhaft überliefert. Halten wir fest: Diese zwei Grunddogmen dürfen innerhalb der islamischen Weltanschauung nicht negiert werden. Wer das tut, befindest sich außerhalb der islamischen Weltanschauung.

Essenz 2: Mohammed ist der letzte Prophet Allahs

Die Schiiten fügen dem islamischen Glaubensbekenntnis meist noch c) hinzu: „ Ali ist der Freund Gottes“. Damit sind wir aber bereits bei einer Unterbegriffsbildung des Begriffs Islam. Es gibt innerhalb dieser religiösen Weltanschauung verschiedene Strömungen. Die Gesamtgruppe der Muslime (Anhänger des Islam) unterteilt sich mindestens in zwei Gruppen: Sunniten (ca. 85 Prozent der Muslime) und Schiiten (ca. 15 Prozent). Wenn wir von „dem Islam“ sprechen, interessieren uns aber gerade die Gemeinsamkeiten. Zwei solche haben wir bereits eruiert. Doch das sind nicht die einzigen.
Für alle Muslime ist Mohammed nicht nur ein Prophet in einer langen Reihe solcher, sondern – das ist das nächste Dogma – er wird als das „Siegel der Propheten“, als der letzte von Allah, dem einen und einzigen Gott, Gesandte angesehen. Wer also sagt, er glaube an den einen und einzigen Gott (der Arabisch spricht und schreibt) und dass Mohammed sein Prophet war, er glaube aber, dass es nach Mohammed noch weitere Propheten gab oder geben wird oder auch nur geben kann, der befindet sich ebenfalls außerhalb des Islams. Wir erinnern uns: Definieren heißt immer abgrenzen, eine Grenzlinie ziehen, was ist noch innerhalb, was ist schon außerhalb des Begriffs. Mohammed nicht absolut als den letzten Propheten Allahs anzusehen, reicht bereits, um außerhalb zu sein, um ein „Ketzer“ zu sein.
Das Beharren darauf, dass nach Mohammed kein „Gesandter Allahs“ mehr kommen könne, was Mohammed selbst verkündet hat, ist sehr wichtig, weil dadurch einer Weiterentwicklung von oben, von Allah selbst, quasi ein für alle mal ein Riegel vorgeschoben ist, während Mohammed selbst behauptete, er würde die Verfälschungen der Juden und Christen korrigieren. Die Abschottung vor weiteren Propheten könnte man als eine Art Kritikimmunisierung und als Entwicklungssperre ansehen.

Essenz 3: Koran und Sunna

Ferner gibt es noch eine Kritikimmunisierung und Entwicklungssperre, nämlich in der nächsten Essenz des Islam, seiner sogenannten „heiligen Schrift“, dem Koran. Dieser beansprucht nämlich selbst anders als zum Beispiel die „heilige Schrift“ der Christen, die Bibel, unmittelbar das Wort Allahs zu sein. Das Ganze habe man sich so vorzustellen, dass im Himmel bei Allah der Originalkoran liege, der von Allah verfasst und der Mohammed abschnittsweise über einen Engel übersandt wurde. Dieser habe sich alles ganz genau angehört und gemerkt und dann mündlich weitergegeben. Andere haben, da Mohammed wohl weder lesen noch schreiben konnte, so die Behauptung in der islamischen Überlieferung, dies teilweise gleich notiert, teilweise nach seinem überraschend frühen Tode. Auf diese Weise sei ein Koran hier auf Erden entstanden, der dem im Himmel gleiche. Wer dies negiert, ist wiederum draußen, ist nicht mehr innerhalb der islamischen Weltanschauung. Somit haben alle Muslime, gleich welchen Bekenntnisses oder welcher Sekte sie angehören, einen im Wesentlichen übereinstimmenden Korantext.
Um es jetzt kurz zu machen, können wir nun fortfahren und die Wesensmerkmale des Islam komplettieren: Über das bisher Herausgearbeitete – Allah als einziger Gott, Mohammed als letztere Prophet, Koran als wörtliches Wort Allahs – hinaus kommt hinzu: die Hadithe(normsetzende Aussprüche und Handlungen von Mohammed, der als der ideale Mensch angesehen wird), seine Lebensgeschichte (Sira), beides zusammen ergibt die sogenannte Sunna. Hinzu kommen die fünf Säulen des Islam, die sich aus all dem ergeben, ebenso die Scharia, das islamische Gesetz, welches sich wiederum aus Koran und Sunna ergibt usw. usf.

Der Islam ist keine rein religiöse, sondern eine religiös-politische, totalitäre Weltanschauung

All das zusammen spannt eine Weltanschauung auf und zwar – auch das ein ganz wesentlicher Punkt – keine rein religiöse. Denn aus Koran und Sunna ergeben sich nicht nur Vorschriften und Verbote für das individuelle Leben, um Allah wohlgefällig zu sein, sondern auch Vorschriften, wie das gesellschaftliche Zusammenleben auszusehen hat, welche Stellung der Frau zukommt, wie „Sünder“ hier auf Erden bestraft werden sollen, die gegen die Scharia verstoßen, und dergleichen.
Das heißt, wir haben es hier mit einer religiös-politischen Weltanschauung zu tun und da diese sämtliche Lebensbereiche des Menschen erfasst, bis hin zu Speisevorschriften, zum Umgang mit Musik und Sexualität, mit einer totalitären, die kaum Freiräume gibt, die alles – und zwar für immer! – festzurrt, weil ja Allah nicht als lern- und entwicklungsfähig vorstellt wird und weil der irdische Koran quasi als ein Duplikat des himmlischen Originals postuliert wird.

Der Mensch als Knecht Allahs und die Hierarchie der Menschen

Dem Menschen kommt in dieser Weltanschauung nur eine einzige Aufgabe zu: ein guter, das heißt gehorsamer Knecht Allahs zu sein und für die Ausbreitung des Islam zu sorgenbeziehungsweise dabei direkt oder indirekt mitzuhelfen. Er braucht oder soll nichts erfinden oder erforschen. Er soll zu Allah beten und gehorchen. Und er soll diejenigen, die eine nichtislamische Weltanschauung haben („die Ungläubigen“), bekämpfen und sie sich auf keinen Fall zum Freund nehmen. Somit bekommen wir eine Hierarchie von Menschen, abhängig von ihrem religiösen Glauben, genauer: abhängig von ihren metaphysischen Spekulationen. Ganz oben stehen
  1. die Muslime, genauer: die muslimischen Männer, da die Frauen generell unter den Männern stehen. Ihnen folgen
  2. die Juden und Christen, da sie zumindest auch an den „einen und einzigen Gott“ glauben und eine „heilige Schrift“ haben, wenngleich sie die islamische Lehre, welche die einzig richtige ist, verfälschen. An
  3. Stelle folgen dann die religiösen Menschen, die an viele Götter glauben, die Polytheisten, also zum Beispiel Hindus. Noch schlimmer aber sind aus islamischer Sicht
  4. diejenigen, die an gar keinen Gott glauben, also die Atheisten, welche in der islamischen Weltanschauung ganz unten stehen, auf der Stufe von Tieren, wenn nicht sogar noch unter diesen. Hier können Sie hören und lesen, wie Muslime vielfach über Atheisten „denken“.

Zusammenfassung: die Essenz der islamischen Weltanschauung

Fassen wir die Essenz der islamischen, religiös-politisch, totalitären Weltanschauungzusammen:
  1. Es gibt einen und genau einen Gott, nämlich Allah. Dieser ist über alle Maßen mächtig und unfehlbar, barmherzig und gut und nur er definiert gut.
  2. Mohammed ist sein Prophet.
  3. Nach Mohammed kann kein weiterer Prophet mehr kommen.
  4. Im Koran haben wir das Originalwort Allahs vorliegen, welches Mohammed per Verbalinspiration zugeleitet wurde.
  5. Mohammed war der ideale Mensch, aus seinen Worten und Taten (Hadithe) und seinem Leben (Sira) kann entnommen werden, wie Menschen leben sollen (Sunna).
  6. Aus alledem leitet sich die Scharia ab, das islamische Gesetz mit genauen Vorschriften, die das gesamte Leben der Menschen regeln, auch das weltliche.
  7. Aufgabe des Menschen ist es, ein allahgefälliges Leben zu führen, ein braver Knecht zu sein und bei der Ausbreitung des Islam zu helfen, „die Ungläubigen“ zu bekämpfen.
  8. usw. usf.
Ganz wichtig: Wer einen dieser Punkte negiert, auch nur einen einzigen (!), ist außerhalb der islamischen Weltanschauung. Der Islam ist kein Steinbruch, wo sich jeder bedienen kann, wie er möchte (Rosinenpickerei), und sich dann aus einzelnen herausgepickten Steinchen zusammen mit solchen aus anderen religiösen oder nichtreligiösen Weltanschauungen sich sein Privat- oder Sektenweltbild basteln kann. Man kann das freilich schon tun, aber dann ist man nicht mehr innerhalb des Islams und auch kein richtiger Muslim. Folgerichtig wird man von den orthodoxen und radikalen Moslems dann meist als Ketzer verfolgt oder oder inkonsequenter Abweichler zur Disziplin gerufen. Und damit sind wir bei der Frage: Was ist mit dem Islamismus?

Es gibt keinen „Islamismus“, es gibt nur den Islam und alle anderen

Diesen Begriff gibt es wie gesagt weder in der arabischen Sprache noch in der islamischen Weltanschauung. Es gibt Muslime und „Ungläubige“, sonst nichts. Warum haben bestimmte Personen diesen Begriff „Islamismus“ erfunden? Der Grund ist ganz einfach. Die wenigsten Menschen denken sauber auf begriffliche Art, wie oben beschrieben. Sie assoziieren mehr als dass sie mit Begriffen operieren. Die Begriffe sind meist schon irgendwie vorhanden, aber nicht trennscharf, manchmal auch völlig ungenau. Und die Begriffsnamen, die Worte, lösen immer Assoziationen aus, die oftmals positiv oder negativ konnotiert sind. Also versucht man a) über die Sprache systematisch zu manipulieren (orwellscher Neusprech) und b) Menschen von klein auf zu indoktrinieren (siehe Brave New world). Wie man das machen kann, haben George Orwell 1948 in 1984 und Aldous Huxley 1932 in Brave new world (Schöne neue Welt) wunderbar beschrieben.
Der Begriffe Religion und Gott sind in christlich geprägten Kulturen bei den meisten eher positiv bis sehr positiv konnotiert (mit Nebenbedeutungen versehen) und assoziiert. Das wird den kleinen Kindern von klein auf so eingetrichtert, meist bis ins Innerste ihrer Seele, so dass sie davon, selbst wenn sie wollen, nicht so einfach wieder frei kommen. Wenn also gesagt wird, der Islam sei eine Religion, die ebenfalls den einen und einzigen Gott habe, genau wie das Christentum, was auch beides stimmt, dann hat der Begriff Islam schon mal einen ganz großen Bonus bei den meisten. Die Atheisten und Agnostiker sehen das natürlich anders und können unbefangener mit dem Thema umgehen, manche auch schon von vorneherein negativ eingenommen, wenn sie z.B. Religionen generell ablehnen und alle undifferenziert über einen Kamm scheren, genau wie die Religiösen, nur eben invers.

Durch die Erfindung des Kunstbegriffs „Islamismus“ soll der Islam von dem Widerwärtigen reingewaschen werden

Nun gibt es offensichtlich Kräfte, insbesondere in der Herrschaftskaste, die möchten, dass der Islam so positiv wie nur möglich konnotiert und assoziiert wird. Eine begriffliche Auseinandersetzung findet ja so gut wie gar nicht statt, ist auch nicht gewollt. Viele Europäer merken aber, dass da nicht alles gold ist, was als solches ausgegeben wird, um es sehr vorsichtig zu formulieren. Vor allem die unfassbar grausamen Verbrechen, die gerade Muslime immer wieder begehen, fallen den Menschen sehr negativ auf, auch der Umgang mit Frauen, Kindern und Tieren.
Damit besteht die Gefahr, dass diese extrem negativen, ja oft widerlichen Phänomene allmählich mit dem Islam assoziiert werden, was ja auch richtig wäre oder ist. Genau das möchte man unterbinden. Wie kann man das machen? Indem man einen Kunstbegriff erfindet, so dass man jetzt sagen kann: Das Böse, das Eklige, das Gefährliche, das Widerwärtige, all das hätte mit dem Islam gar nichts zu tun. Das wäre – und jetzt kommt das Zauberwort – „Islamismus“. Die, die so etwas machen, wären gar keine Muslime, das wären „Islamisten“. Damit, so hofft man, könne man den Islam von all diesen widerlichen Verbrechen reinwaschen, indem man einen Teil aus ihm herausschneidet, indem man das besonders und augenscheinlich Böse aus dem Islam künstlich segregiert.
In Wahrheit müsste man natürlich nur prüfen, ob die „Islamisten“ = radikale Muslime respektive die, die sich dafür ausgeben, die Essens der islamischen Weltanschauung bejahen. Und man würde vielfach feststellen: Ja und ob! Viel mehr als viele andere Muslime, vor allem viel mehr als die rein kulturellen Muslime, die gar nicht an die islamische Weltanschauung glauben, aber auch mehr als die „liberalen oder moderaten Muslime“ (Rosinenpicker).

Fazit

Zu sagen, den Islam gäbe es gar nicht, ist also Unsinn. Genau so unsinnig wäre es zu sagen, Viruserkrankungen gäbe es gar nicht, denn jede Krankheit sei ja anders, oder den Fußballsport gäbe es gar nicht, denn es gäbe ja Männer-, Frauen und Kinderfußball, Rasen- und Hallenfußball, Bundesliga, zweite Liga, Regionalliga, Champions-League, Fußballweltmeisterschaft usw. usf. Natürlich gibt es den Fußballsport und natürlich gibt es den Islam. Dass es Unterschiede gibt, heißt einfach nur, dass es Unterbegriffe innerhalb des Oberbegriffs gibt. Mehr nicht.
Die Aufgabe, einen Begriff sauber zu explizieren, also zu erläutern, zu entfalten, was in ihm steckt, und ihn somit auch nach außen abzugrenzen, sprich zu definieren, habe ich oben versucht. Das könnte sicherlich noch fortgeführt und noch mehr verfeinert werden. Aber ich denke, das Prinzip ist klar geworden. Und wir können feststellen: Es gibt den Islam und der macht uns und allen anderen auf der Welt, ja sogar den Muslimen selbst vor allem eines: Probleme. Daraus sollten wir – das hat mit Aufrichtigkeit und Redlichkeit zu tun – endlich die Konsequenzen ziehen.