Dienstag, 7. Dezember 2021

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Präsidentschaftskandidat Zemmour: „Es ist an der Zeit, Frankreich zu retten“

„Es ist nicht mehr an der Zeit, Frankreich zu reformieren, sondern es zu retten. Aus diesem Grund habe ich beschlossen, bei den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren.“ Die Rede des Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour

Screenprint: via Youtube
Der Publizist und langjährige Journalist der konservativen Tageszeitung Le Figaro Éric Zemmour hat nun beschlossen, das Schicksal Frankreichs „selbst in die Hand zu nehmen“. Er ist 1958 in Montreul als Sohn jüdischer Eltern geboren, die 1952 aus dem damals noch französischen Algerien kamen. Zemmour war in den vergangenen Jahren einer der streitbarsten Journalisten Frankreichs, zuletzt bei „Le Figaro“. Mehrfach wurde er wegen seiner politischen Positionen nicht nur öffentlich schwer kritisiert, sondern auch wegen Volksverhetzung („incitation à la haine“) angeklagt. Er veröffentlichte im September 2021 das Buch „La France n’a pas dit son dernier mot“ („Frankreich hat sein letztes Wort nicht gesprochen“), eine Art politische Autobiografie. Nachdem wochenlang darüber spekuliert wurde, hat Zemmour nun seine Kandidatur zu den Präsidentschaftswahlen im April 2022 angekündigt. Wir dokumentieren seine Rede in einem Video zur Eröffnung des Wahlkampfs als Voice-Over in deutscher Übersetzung und in verschriftlichter Form:

„Meine lieben Landsleute!

Seit Jahren werden Sie von einem Gefühl bedrängt, dass Sie bedrückt und verfolgt: ein seltsames und tief greifendes Gefühl der Enteignung. Sie gehen durch die Straßen Ihrer Städte, und Sie erkennen sie nicht. Sie schauen auf ihre Bildschirme, und man spricht eine sonderbare und eine fremde Sprache mit Ihnen. Sie werfen einen Blick und ein Ohr auf Werbeplakate, Fernsehserien, Fußballspiele, Kinofilme, Theateraufführungen, Lieder und in die Schulbücher Ihrer Kinder. Sie fahren mit U-Bahnen und Zügen, Sie gehen zu Bahnhöfen und Flughäfen. Sie warten auf Ihre Tochter oder Ihren Sohn nach der Schule, Sie begleiten Ihre Mutter in die Notaufnahme des Krankenhauses, stehen in der Schlange bei der Post oder beim Arbeitsamt oder warten auf einer Polizeistation oder im Gerichtssaal. Und Sie haben das Gefühl, dass Sie nicht mehr in dem Land sind, das Sie kennen.

Erinnern Sie sich an das Land, das Sie aus Ihrer Kindheit kennen? Erinnern Sie sich an das Land, das Ihnen Ihre Eltern beschrieben haben? Erinnern Sie sich an das Land, das Sie aus Filmen oder Büchern kennen?

Das Land von Jeanne d’Arc und Ludwig XIV., das Land von Bonaparte und General de Gaulle. Das Land der Ritter und der anmutigen Damen. Das Land von Victor Hugo und Chateaubriand. Das Land von Pascal und Descartes. Das Land der Fabeln von La Fontaine, der Figuren von Molière und der Verse von Racine. Das Land von Notre-Dame de Paris und der Glockentürme in den Dörfern. Das Land von Gavroche und Cosette, das Land der Barrikaden und von Versailles.

Das Land von Pasteur und Lavoisier. Das Land von Voltaire und Rousseau, von Clémenceau und den Frontkämpfern von 1914, von de Gaulle und Jean Moulin. Das Land von Gabin und Delon. Das Land von Brigitte Bardot und Belmondo, Johnny und Aznavour, Brassens und Barbara.

Die Filme von Sautet und Verneuil. Dieses Land, das zugleich leicht und leuchtend ist. Dieses Land, das zugleich literarisch und wissenschaftlich ist. Dieses Land, das so intelligent und launisch ist. Das Land der Concorde und der Atomkraftwerke, in dem das Kino und das Automobil erfunden wurden. Das Land, das Sie überall verzweifelt suchen, nach dem Ihre Kinder Heimweh haben, ohne es je gekannt zu haben, dieses Land, das Sie lieben und das im Verschwinden begriffen ist.

Sie sind nicht umgezogen. Und doch haben Sie das Gefühl, nicht mehr zu Hause zu sein. Sie haben Ihr Land nicht verlassen, aber es ist, als ob Ihr Land Sie verlassen hätte. Sie fühlen sich wie ein Fremder in Ihrem eigenen Land. Sie sind innerlich vertrieben.

Lange Zeit dachten Sie, Sie seien der Einzige, der das sieht, hört, denkt und fürchtet. Sie hatten Angst, es zu sagen. Sie haben sich für Ihre Eindrücke geschämt. Lange Zeit haben Sie sich nicht getraut, zu sagen, was Sie sehen, und vor allem haben Sie sich nicht getraut, zu sehen, was Sie sehen. Doch dann haben Sie es Ihrer Frau, Ihrem Mann, Ihren Kindern, Ihrem Vater, Ihrer Mutter, Ihren Freunden, Ihren Kollegen, Ihren Nachbarn gesagt. Und dann haben Sie es Fremden gesagt und gemerkt, dass Ihr Gefühl der Enteignung von allen geteilt wurde. Frankreich ist nicht mehr Frankreich, und alle haben es gemerkt.

Natürlich hat man Sie verachtet. Die Mächtigen, die Eliten, die Wohlmeinenden, die Journalisten, die Politiker, die Akademiker, die Soziologen, die Gewerkschafter, die religiösen Autoritäten sagten Ihnen, dass das alles ein Trugbild sei, und dass das alles falsch sei. Aber mit der Zeit haben Sie verstanden, dass diese es waren, die sich etwas vormachten, dass diese es waren, die alles falsch gesehen haben, dass diese es waren, die Ihnen geschadet haben.

Das Verschwinden unserer Zivilisation ist nicht die einzige Frage, die uns bedrängt, auch wenn sie sie beherrscht. Die Einwanderung ist nicht die Ursache all unserer Probleme, auch wenn sie sie alle verschärft. Der Abstieg unseres Landes und unseres Volkes zu einem Drittweltland lässt es nicht nur verarmen, er zerreißt es. Er ruiniert es ebenso wie er es quält.

Deshalb haben Sie oft Schwierigkeiten, Ihr Auskommen zu bestreiten. Deshalb müssen wir Frankreich reindustrialisieren. Deshalb müssen wir unsere Handelsbilanz wieder ins Gleichgewicht bringen und unsere wachsenden Schulden abbauen. Unsere abgewanderten Unternehmen nach Frankreich zurückholen. Unsere Arbeitslosen wieder in Arbeit bringen.

Deshalb müssen wir unsere technologischen Schätze schützen und aufhören, sie an andere Länder zu verschleudern. Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass unsere kleinen Unternehmen leben und wachsen und von Generation zu Generation weitergegeben werden können.

Deshalb müssen wir unser architektonisches, kulturelles und natürliches Erbe bewahren. Deshalb müssen wir unsere republikanische Schule, ihre Exzellenz und ihre Leistungskultur wiederherstellen und aufhören, unsere Kinder den egalitären Experimenten der Pädagogen und den Doktoren Seltsam mit ihren Gendertheorien und ihrem Islamogauchisme auszuliefern.

Deshalb müssen wir unsere Souveränität zurückerobern, die den europäischen Technokraten und Richtern überlassen wurde, die das französische Volk im Namen der Hirngespinste eines Europas, das nie eine Nation sein wird, seiner Fähigkeit beraubt haben, über sein Schicksal zu entscheiden.

Ja, wir müssen die Macht an das Volk zurückgeben, sie von den Minderheiten zurückerobern, die unaufhörlich die Mehrheit tyrannisieren, und von den Richtern, die seit Jahrzehnten die Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk durch ihre juristische Zuchtrute ersetzen.

Unsere Regierenden, sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite, haben uns auf diesen verhängnisvollen Weg des Niedergangs und der Dekadenz geführt. Gleich ob von rechts oder links, haben sie Sie belogen und Ihnen die Schwere unseres Niedergangs verschwiegen. Sie haben Ihnen die Realität unserer Verdrängung verschwiegen.

Sie kennen mich seit vielen Jahren. Sie wissen, was ich sage, was ich diagnostiziere und was ich ankündige. Ich habe mich lange Zeit mit der Rolle des Journalisten, des Schriftstellers, der Kassandra, des Alarmisten zufrieden gegeben. Ich glaubte damals, dass ein Politiker die Fackel, die ich ihm hinhielt, ergreifen würde.

Ich sagte mir: Jedem seinen Beruf. Jedem seine Rolle. Jeder hat seinen Kampf. Ich bin von dieser Illusion abgekommen. Wie Sie habe ich kein Vertrauen mehr. Wie Sie habe ich beschlossen, unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ich habe verstanden, dass kein Politiker den Mut haben wird, das Land vor dem tragischen Schicksal zu retten, das es erwartet.

Ich habe verstanden, dass all diese angeblich kompetenten Leute vor allem hilflos waren, dass Präsident Macron, der sich als neuer Mann präsentiert hatte, in Wahrheit die Synthese seiner beiden Vorgänger war, nur schlimmer als in allen Parteien. Er würde sich mit Reförmchen begnügen, obwohl die Zeit drängt. Es ist nicht mehr an der Zeit, Frankreich zu reformieren, sondern es zu retten. Aus diesem Grund habe ich beschlossen, bei den Präsidentschaftswahlen zu kandidieren.

Daher habe ich beschlossen, um Ihre Stimmen zu bitten, um Ihr Präsident der Republik zu werden, damit unsere Kinder und Enkelkinder keine Barbarei erleben. Damit unsere Töchter nicht verschleiert und unsere Söhne nicht unterworfen werden. Damit wir ihnen Frankreich, wie wir es kannten und von unseren Vorfahren erhalten haben, weitergeben können, damit wir unsere Lebensweise, unsere Traditionen, unsere Sprache, unsere Gespräche, unsere Kontroversen über Geschichte oder Mode, unsere Vorliebe für Literatur und Gastronomie, bewahren können. Damit die Franzosen Franzosen bleiben, die stolz auf ihre Vergangenheit sind und zuversichtlich in ihre Zukunft blicken. Damit sich die Franzosen wieder wie zu Hause fühlen und damit die zuletzt Angekommenen sich in ihre Kultur einfügen, sich ihre Geschichte aneignen, damit wir Franzosen in Frankreich und nicht Fremde in einem unbekannten Land bleiben.

Wir Franzosen sind eine große Nation, ein großes Volk, unsere glorreiche Vergangenheit spricht für unsere Zukunft. Unsere Soldaten haben Europa und die Welt erobert. Unsere großen Schriftsteller und Künstler haben universelle Bewunderung hervorgerufen. Die wissenschaftlichen Entdeckungen und die Produkte unserer Industriellen haben ihre Epoche geprägt.

Der Charme unserer Lebensart ist die Freude und das Glück all derer, die ihn gekostet haben. Wir haben immense Siege errungen. Wir haben grausame Niederlagen erlitten. Seit 1000 Jahren sind wir eine der Mächte, die Weltgeschichte geschrieben haben.

Wir werden uns unserer Vorfahren würdig erweisen. Wir werden uns nicht beherrschen, erobern und kolonisieren lassen. Wir werden uns nicht ersetzen lassen.
Uns wird ein kaltes und entschlossenes Monster gegenüberstehen, das versuchen wird, uns zu beschmutzen. Sie werden Ihnen sagen, dass Sie ein Rassist sind. Sie werden Ihnen sagen, dass Sie von traurigen Leidenschaften getrieben werden, obwohl es die schönste aller Leidenschaften ist, die Sie antreibt: die Leidenschaft für Frankreich. Sie werden Ihnen das Schlimmste über mich sagen, aber ich werde standhaft bleiben. Ich lasse mich nicht von Spott und Hohn beeindrucken.

Ich werde niemals den Kopf hängen lassen, denn wir haben eine Mission zu erfüllen. Das französische Volk wurde eingeschüchtert, gelähmt, indoktriniert und in Schuldgefühle gestürzt. Aber es erhebt den Kopf, lässt die Masken fallen, es zerstreut die verlogenen Luftblasen. Er vertreibt die schlechten Hirten.

Wir werden Frankreich weiterführen. Wir werden das schöne und edle französische Abenteuer fortsetzen. Wir werden die Fackel an die nächsten Generationen weitergeben. Helfen Sie mir, schließen Sie sich mir an. Stehen Sie auf. Wir Franzosen haben schon immer über alles gesiegt. Es lebe die Republik!

Und über allem: Es lebe Frankreich!“