Montag, 24. April 2017

Frankreich nach der ersten Runde der Wahl

gelesen und zitiert by Cicero 24. April 2017 VON CICERO REDAKTION am 24. April 2017

Internationale Presseschau - „Ein doppelter Riss geht durchs Land“

Die erste Runde der französischen Präsidentschaftswahlen kam einem Erdbeben gleich. Die etablierten Parteien sind im zweiten Wahlgang nicht vertreten. Frankreich ist ein gespaltenes Land und tritt in eine neue politische Ära ein, schreiben internationale Medien


Le Monde (Frankreich):
„Selten traten die zwei Frankreichs so klar auf der Karte der Wählerstimmen hervor. Ein doppelter Riss ist zu sehen. Zwischen dem ländlichen Frankreich und dem städtischen auf der einen Seite. Zwischen dem Osten und dem Westen auf der anderen Seite. (…) Das bezeichnendste Ergebnis lieferte sicherlich Paris, das noch nie so weit vom Rest Frankreichs entfernt war.“
Le Figaro:
„Weder die Republikaner noch die Sozialisten sind im zweiten Wahlgang vertreten, in den der Anführer der Bewegung „En marche!“ als Favorit einzieht. (…) Die zehnte Präsidentschaftswahl der Fünften Republik kommt einem Erdbeben gleich. (…) Die zwei großen Regierungsparteien, die in den vergangenen vierzig Jahren die Politik quasi unter sich ausgemacht haben, wurden von den Franzosen zurückgewiesen. Besonders für die Republikaner ist die Abstrafung neu: Nie zuvor sind die Konservativen im ersten Wahlgang ausgeschieden.“
La Libération:
„Von allen Kandidaten, die gegen Marine Le Pen im zweiten Wahlgang hätten antreten können, ist Emmanuel Macron derjenige mit den besten Chancen zu gewinnen (laut Umfrage liegt er zwischen 42 und 58 Prozent). Dennoch ist der Kandidat von „En marche“ der, den sich Le Pen am meisten gewünscht hat. Um dieses Paradoxon zu verstehen, muss man auf das Projekt des Front National, der Wiederherstellung einer französischen Identität, zurückkommen. (…) Denn der politische Spalt verläuft zwischen denen, die sich der Verteidigung der nationalen Identität verschrieben haben (Nationalisten, Patrioten) und denen, die diese zu zerstören versuchen (Kosmopoliten, Europäer).“
La Stampa (Italien):
„Die Wahl fand in einem nie da gewesenen Klima statt – mit dem Ausnahmezustand nach dem Mord an einem Polizisten im Herzen von Paris, den Geheimdiensten in Alarmbereitschaft und den Wahllokalen, die als ‚verwundbare Objekte‘ eingestuft wurden.“
Die Presse, (Österreich):
„... die vergangenen Wochen und der erste Durchgang der Präsidentenwahl am Sonntag (spiegelten) ein Land, das zwischen Angst und Agonie schwankt, zwischen Depression und Aufruhr taumelt – und das vor allem den Glauben an sich, seine Politiker und deren gestalterische Kraft verloren hat.“
El Mundo, (Spanien):
„Sollte es keine großen Überraschungen geben, wird Emmanuel Macron, ein 39-Jähriger, der keine andere Erfahrung besitzt, als zwei Jahre lang Wirtschaftsminister unter Präsident François Hollande gewesen zu sein, der nächste Bewohner des Élysée-Palastes sein.“
New York Times (USA): 
„Frankreich tritt vielleicht in eine neue, gespaltene politische Ära ein, aber am Sonntag haben die Wähler gezeigt, dass sie der hoffnungsvollen Botschaft von Herrn Macron gegenüber aufgeschlossen bleiben, einschließlich seiner Offenheit gegenüber Einwanderern und der Multikulturalität, trotz einer kürzlich erfolgten Serie von Terrorangriffen und der dunklen Kampagne von Frau Le Pen.“
The Guardian (Großbritannien):
„Frankreichs zwei politische Außenseiter der progressive, wirtschaftsfreundliche und sozialliberale Macron und die Anti-Einwanderung, Anti-EU, rechtsextreme Le Pen – werden sich nun am 7. Mai gegenüberstehen in einer Präsidentschaftswahl, die die französische Politik neu zeichnen wird und die zukünftige Richtung Europas neu definieren könnte.“