Dienstag, 31. Januar 2017

Das Establishment hat seinen Populisten... von Thomas Fasbender


gelesen und zitiert by Junge Freiheit 31.01.2017


SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz Foto: picture alliance/dpa

Kein ungeschickter Schachzug: Indem Sigmar Gabriel Martin Schulz als SPD-Kanzlerkandidat vorschickt, präsentiert er einen Mann, der zwar von der Ideologie der Brüssel-EU, nicht aber von den den (Un)taten der Großen Koalition befleckt ist. Flux hat der Neue sich sein künftiges Selbstverständnis zurechtgelegt.
Fernab des akademisch durchwachsenen Parteiprogramms wird er seinen Wahlkampf führen, stolz darauf, von einfachen Leuten abzustammen, „die Mutter Hausfrau“, wie er während seiner Antrittsrede betonte – keine(r) der promovierten Parteiintellektuellen monierte das ach so rückständige Frauenbild, das sich im Sohnesstolz des neuen Mannes an der Spitze verbirgt.
Nun steht also wieder die Familie im Mittelpunkt, schuftende Eltern, deren Einkommen kaum hinreicht, den Kindern einen Start in die Zukunft zu sichern. Unterbesetzte Polizeidienststellen, überfütterte Banken, marode Straßen und Schulen – davon redet nach fast vier Jahren großer Koalition ein Sozialdemokrat! Es geschehen noch Zeichen und Wunder.

Schulz als Bollwerk gegen Rechts
Mit einem Wort, und das wurde bei Anne Will am Sonntagabend klar: Auch das Establishment hat seinen Populisten gefunden. Soll die Merkel weiter an ihre urbanen Mittelschichten glauben, an die Schöner-Wohnen-Leser in ihren Hybridautos, nein, seit Sonntag setzen die öffentlich-rechtlich Bestallten nicht länger auf Schwarz-Grün, sondern auf R2G. Auf Rot-Rot-Grün.
So schön es gewesen sein mag mit den Veganern oder den gepflegten Emanzipations- und Inklusionsbewegten vom Prenzlauer Berg bis Schwabing – die Angst vor Altersarmut treibt auch die Medienbranche, wenn sie sich vorstellt, die Rechten kämen und schafften den Staatsfunk ab. Da sei der Herrgott vor, ob man an ihn glaubt oder nicht.
Anne Will, die Schulz präsentierte wie die Aktuelle Kamera Ende 1989 Egon Krenz (damals ging es um die Rettung der DDR), war nur der Auftakt. Ein, zwei Landtagswahlen mit passablen SPD-Ergebnissen, dann stehen nur noch die Lordsiegelbewahrer des Kanzleramts um Angela Merkel. Dann hat das Bollwerk gegen Rechts einen neuen Namen: Martin Schulz.
So schnell vergißt der Wähler nicht
Ob die Rechnung aufgeht, steht auf einem anderen Blatt. Die Linke, egal ob rot, dunkelrot oder grün, setzt darauf, dasß es soziale, im Grunde wirtschaftliche Faktoren sind, die bei Wahlentscheidungen den Ausschlag geben. Die Rechten halten dagegen: Identität, Zugehörigkeit, Gemeinschaft, Vaterland. Nicht in erster Linie Materielles.
Zum Thema der Fremden im eigenen Land verlor Schulz am TV-Abend bei Frau Will kein Wort. Oder doch: Er lobte die Bürgerinitiativen, die Willkommenskultur. Doch das haben vor ihm genug andere getan, ohne daß es Wirkung gezeigt hätte.
Daß Schulz die nötigen Wählerprozente reißt, ist noch lange nicht ausgemacht, auch (oder erst recht wenn) die Medien ihm vollen Rückhalt gewähren. Das Wahlvolk, so wenig es in der Lage sein mag, komplexe Zusammenhänge nachzuvollziehen, besitzt immer noch so etwas wie Erinnerungsvermögen. Sogar jene, die Schulz’ Vorgänger als „Pack“ zu bezeichnen beliebte.
Erinnerungen etwa an den Martin Schulz, der als Super-Europäer jahrelang das Geschäft der Globalisierer, Multinationalen und Supranationalen betrieb. Und der uns jetzt mit den Doppelverdienern in Würselen kommt, denen das Netto nicht zum Leben langt.
 

In der Sackgasse hilft nur Umkehr 2017: Wir dürfen so nicht weitermachen

gelesen und zitiert by TichysEinblick 31.1.20177

Angesichts eines fast revolutionären Einbruchs in den internationalen Beziehungen, in dem Europa, durch den Brexit geschwächt, seine neue Stellung finden muss, braucht die EU eine unangefochtene Führung mehr denn je. 

Angela Merkel 2003 zur Zuwanderung


Ende 2016 der Berliner Weihnachtsmarkt, am vorhergehenden Silvester 2015 die Kölner Domplatte. In der starken Hoffnung, dass sich diese schrecklichen Heimsuchungen nicht als Beginn einer unheilvollen Serie erweisen mögen, sollten wir alle unsere Möglichkeiten und Netzwerke noch stärker nutzen, um im neuen Jahr von allzu bösen Überraschungen verschont zu bleiben.
Ich vermute, dass ich nicht der einzige aus dem Kreis meiner schreibenden Kollegen bin, dem es angesichts der Ungeheuerlichkeit des Berliner Terrorfalls und der Absurditäten seiner Aufklärung erneut die Sprache verschlagen hat. Die starke Verunsicherung, die einen Großteil der Bevölkerung erfasst hat und die mit entsprechendem Druck die innenpolitische Auseinandersetzung bestimmt, ist zwar auch, aber weniger der Angst vor dem Ansturm der Migranten als vielmehr der damit einhergehenden – zunächst befürchteten und dann tatsächlich eingetretenen – Terrorgefahr zuzuschreiben.
Es ist daher nicht von der Hand zu weisen, wenn Jasper von Altenbockum in der FAZ „den Zusammenhang von Asylrecht und den geradezu absurden Möglichkeiten, die sich Kriminellen bieten“, als einen der Gründe der Misere benennt und dass er denjenigen, die dies leugnen, vorwirft, „das Asylrecht als Fetisch (zu) behandeln“. Auch für Stefan Aust macht der Terrorfall Anis Amri deutlich, wie sehr „das deutsche Asyl-System an seine Grenzen gekommen ist“. Er spricht in diesem Zusammenhang sogar von einem Totalversagen des Staates.
Schon im September letzten Jahres habe ich an dieser Stelle die Studie von Thilo Sarrazin zitiert, nach der bei 1,07 Millionen Entscheidungen über Asylanträge, die von 2007 bis Mitte 2016 getroffen wurden, lediglich in weniger als ein Prozent aller Fälle das Recht auf politisches Asyl gem. Art. 16a GG zugesprochen wurde. Es ist ein der Schildbürgerei verhaftetes Staatsverständnis, die eigenen Grenzen für obsolet zu erklären und jeden, der will, hereinzulassen, um dann mit dem Einsatz des gesamten Staatsapparats (der eigentlich für die dringenden Anliegen der Staatsbürger da ist) aus den 100 Prozent Zugewanderten das eine Prozent berechtigter Asylbewerber herauszufiltern – und dann auch noch die aussortierten 99 Prozent Abgewiesener unter Berufung auf einen „Humanitären Imperativ“ weiterhin im Lande zu belassen – zur Dauerbelastung einer Staatskasse, die für eine gleiche freigiebige Unterstützung von unterprivilegierten einheimischen Gruppen nicht zur Verfügung steht.

Die Politik war schon einmal weiter

Dass man sich der Sache auch mit ganz normaler Staats- und Rechtsauffassung annehmen kann, zeigt dieser Auszug aus einem Parteitagsprotokoll: „Manche unserer Gegner können es sich nicht verkneifen, uns in der Zuwanderungsdiskussion in die rechtsextreme Ecke zu rücken, nur weil wir im Zusammenhang mit der Zuwanderung auf die Gefahr von Parallelgesellschaften aufmerksam machen. Das, liebe Freunde, ist der Gipfel der Verlogenheit (…). Deshalb werden wir auch weiterhin eine geregelte Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung fordern.“
Was sich für politisch korrekt eingestellte Ohren wie ein Statement von Frauke Petry auf dem AfD-Parteitag 2016 anhört, ist tatsächlich eine Standortbestimmung der CDU, wörtlich zitiert nach dem Parteitagsprotokoll des CDU-Parteitags 2003 in Leipzig, aus der Rede der Parteivorsitzenden Angela Merkel. Es ist kein Wunder, dass der 180-Grad-Schwenk der Bundesregierung bei der Adressierung der Flüchtlingskrise zu einer sowohl innen- wie außenpolitischen Zerreißprobe geführt hat. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen empfindet die unkontrollierte Invasion hunderttausender Fremder mit überwiegend muslimischer Religion, verbunden mit der Aufforderung, sie als „Neubürger“ zu begrüßen, nach wie vor als Nötigung, zumal sich die Befürchtungen eines damit einhergehenden Kriminalitätsimports und einer leichtfertigen Zulassung terroristischer Gefährdung inzwischen bitter bestätigt haben.

Flüchtlingspolitik hat Deutschland in Europa isoliert

Wie zur Zerrissenheit im Innern hat der Bruch mit rechtsstaatlicher Praxis zu einer Isolierung Deutschlands in der Europäischen Union geführt, die ihren heftigsten Ausdruck im Brexit der Briten gefunden hat. Entgegen der Regierungspropaganda, die anderes vorgibt, geht die Ablehnungsfront innerhalb der EU weit über die osteuropäischen Mitgliedsstaaten hinaus. Bis auf die Beneluxländer und die von den Migranten-Anlandungen unmittelbar betroffenen Küstenländer Italien und Griechenland, die zu Recht aber vergeblich solidarische Unterstützung von ihren europäischen Nachbarn fordern, besteht unter den übrigen EU-Mitgliedern kaum Bereitschaft, dem deutschen Beispiel einer Zulassung sich ausbreitender orientalischer und afrikanischer Parallelgesellschaften mit der Übernahme sich dynamisch aufbauender Soziallasten zu folgen.
Zumal die Unglaubwürdigkeit der regierungsamtlichen Kommunikation ein übriges dazu beiträgt, die Aversion in der einheimischen Bevölkerung gegen die Zumutungen einer Massenzuwanderung zu schüren. Wenn der Bundesfinanzminister mitteilt, die Flüchtlingskrise habe 22 Milliarden Euro gekostet, wird dadurch nicht nur der falsche Eindruck erweckt, dass damit dieses Kapitel abgeschlossen sei. Mit dieser gigantischen Summe sind tatsächlich nur die unmittelbaren Lasten der (bisherigen) Unterbringung und des Lebensunterhalts erfasst. Die indirekten Kosten der dauerhaften Inanspruchnahme der staatlichen (Bund und Länder) sowie kommunalen Verwaltungen, der Polizei, der Justiz, der Bildungseinrichtungen, des Gesundheitswesens sowie die ausufernden Versicherungs- und Personenschäden aus dem Kriminalitätsimport werden der Öffentlichkeit wohlweislich vorenthalten. Es wird trotz der erwiesenen 1-Prozent-Anerkennungsquote bei Asylanträgen weiterhin an der „open border“-Politik für die 99 Prozent Scheinasylanten mit der Begründung festgehalten, dass es sich dabei überwiegend um Kriegsflüchtlinge handele. Dabei sollte es sich inzwischen auch bis in die Berliner Amtsstuben herumgesprochen haben, dass es sich bei den nahöstlichen und afrikanischen Zuwanderern auch um Opfer internationaler Menschenhändlersyndikate handelt, die in den Flüchtlingslagern und an den nordafrikanischen Sammelstellen nach wie vor zu hohen Schleuserkosten mit dem Versprechen sicherer Sozialleistungen in Deutschland in seeuntüchtige Schlauchboote gelockt werden.

Anreizsystem für illegale Zuwanderung beseitigen

Der regierungsfreundliche Medienverbund tut ein übriges, die beiden wichtigsten Anreizfaktoren für die Aufrechterhaltung dieses unseligen menschenverachtenden Schleuserwesens mit dem Mantel des Schweigens zu verdecken. Der unsichtbare, aber gleichwohl wirkungsmächtige Motor der Schleusung über das Mittelmeer ist das europäisch-afrikanische Währungsgefälle. Da jeder von Europa nach Afrika überwiesene Euro in afrikanische Heimatwährungen umgerechnet einen im Durchschnitt um das zehnfache höheren Betrag ergibt, ist der Anreiz enorm, in der deutschen und europäischen Fremde im Wege von Beschaffungskriminalität, Drogenhandel und Sozialbetrug möglichst hohe Euroeinnahmen zu generieren. Ein von entsprechendem staatlichen Willen getragenes Grenzregime, das illegale Zuwanderung unterbindet, statt sie mit bedingungslos feilgebotenen Sozialleistungen für jedermann anzulocken, könnte ein wirksamer Beitrag zur Lösung des Problems sein.
Dasselbe gilt für die europäische maritime Grenzsicherung im Mittelmeer, die sich mangels politischer Rückendeckung nicht in der Lage sieht, ihren eigentlichen vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen. Auf diese Weise ist die maritime Grenzsicherungsflotte „EUNavFor MED“ zur Erfüllungsgehilfin der internationalen Schleuserbanden degradiert worden. Dabei kann den in Seenot geratenen Menschen durchaus geholfen werden, ohne den kriminellen Menschenhändlerbanden die von ihnen erwarteten und einkalkulierten Handlangerdienste zu leisten. Dem skrupellosen und opferreichen Geschäftsmodell ist dadurch ein Riegel vorzuschieben, dass der hilfreiche Einsatz bei der Rettung in Seenot geratener Menschen mit dem Aussetzen von Anreizen für die Schleuser einhergeht, ihr teuflisches Spiel immer wieder aufs Neue zu beginnen. Nach Lage der Dinge kann dies nur durch einen Aufnahmestopp für die geretteten Opfer in Europa und ihre Rückführung an die Herkunftsküsten gelöst werden, wie dies in anderen Teilen der Welt erfolgreich praktiziert wird.

Konservativer Aderlass folgt verletztem Rechtsempfinden

Der große Vertrauensverlust, den die Bundesregierung in der Flüchtlingsfrage sowohl in weiten Teilen der eigenen Bevölkerung als auch unter der Mehrzahl der Mitgliedsländer der EU erlitten hat, ist vor allem im zeitweiligen und partiellen Entzug jenes Rechtssicherheitsrahmens begründet, auf den Staatsbürger in einem Rechtsstaat einen durch die Verfassung verbrieften Anspruch haben. So haben nicht wenige CDU-Mitglieder ihre Parteiaustritte auf ihr verletztes Rechtsempfinden zurückgeführt. Der beliebte Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD) hat seinen Rücktritt mit diesem Argument ebenso begründet wie die ehemalige Präsidentin des mächtigen Bundes der Vertriebenen Erika Steinbach ihren Austritt aus der CDU-Fraktion des Bundestages und ihr populärer Fraktionskollege Wolfgang Bosbach sogar die Beendigung seiner politischen Karriere.
Dass in dieser Sache noch etliche weitere Prominente auf „gepackten Koffern“ sitzen, erfordert keine Hellsehergabe. Überraschend ist es aber doch, dass sich ausgerechnet Vizekanzler Sigmar Gabriel der Schar der Abtrünnigen zugesellt hat. Sein Vorwurf, dass die Bundeskanzlerin Deutschland und Europa in der Flüchtlingsfrage in eine Sackgasse geführt habe, mag sensationell klingen, wirft aber zugleich die Frage nach der Mitverantwortung seiner Partei für die jetzt als Desaster verschrieene Flüchtlingspolitik auf.
Mag die Bundeskanzlerin in einer höchst kritischen Lage eine fahrlässige Fehlentscheidung getroffen haben – die sich daran anschließende euphorische Willkommenskultur, die im „rot-grünen“ Meinungsmilieu bis heute virulent ist, hat gerade durch die SPD ihre stärkste Stütze erfahren. Da sich Sigmar Gabriel nicht das erste Mal im Schießen von Eigentoren gefällt, sollte er bei allem Verdienst, sich in der Sache selbst als lernfähig erwiesen zu haben, bei der Merkel-Kritik Zurückhaltung üben und auf Arnold Vaatz (CDU MdB) hören, der es für falsch hält, bei der verfehlten Flüchtlingspolitik nur alles auf die Kanzlerin zu richten: „Wir alle sind mit dabei gewesen und haben Fehlentscheidungen nicht verhindert. Nicht die Politiker, nicht die Medien und auch nicht die Bürger.“

Für reinigende Gewitter der Umkehr ist es nicht zu spät

Es wäre nicht das Schlechteste, wenn sich der Bundestagswahlkampf 2017 als reinigendes Gewitter zum Zurechtrücken mancher in Schieflage geratener Positionen erwiese. Die zeitlose Weisheit der Kaiserin von Österreich Maria-Theresia aus dem 18. Jahrhundert könnte dafür als Zielansprache das passende Motto sein: „Vertrauen ist der größte Ansporn. Fehlt das, so fehlt alles.“ Ein weiter gefasster Moralischer Imperativ, der nicht im Ausspielen der Interessen einer Gruppe gegen die der anderen sein Genüge sucht, sondern in der Bereitschaft der Gemeinschaft, der man den Amtseid geschworen hat, den Hebel zum Freisetzen der problemlösenden Kräfte zu sehen, ist hier gefordert. Nachdem die Bundesregierung eine gewisse Kehrtwende ihrer bisherigen Politik mit dem neuen Sicherheitskonzept von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und (wie an dieser Stelle vor einem Jahr empfohlen) der Berufung des britischen Migrationsforschers Paul Collier zum Regierungsberater angedeutet hat, sollten weitere Schritte auf dieser Linie folgen. Mit Colliers Konzept, die Probleme Afrikas zwar mit kräftiger Unterstützung der Europäer aber nicht in Europa, sondern in Afrika anzugehen, ist die Richtung gewiesen, in der die Lösung zu suchen ist.
Natürlich gehört, zumal in der Politik, Mut dazu, Fehler einzugestehen. Die Bundeskanzlerin würde allen, ihren Landsleuten, den Europäern und sich selbst einen befreienden Dienst erweisen, wenn sie ihre im Alleingang getroffene Fehlentscheidung des „unconditional surrender“ vor dem unkontrollierten Flüchtlingsansturm im September 2015 als solche eingestünde. Gerade angesichts eines fast revolutionären Einbruchs in den internationalen Beziehungen zu Beginn dieses Jahres, in dem Europa, zumal durch den Brexit geschwächt, seine neue Stellung finden muss, braucht die EU eine unbelastete und unangefochtene Führung mehr denn je. Die aber ist nur um den Preis zu haben, dass dem beschädigten Rechtsempfinden einer großen Mehrheit der Europäer Genüge getan und der Anspruch auf Alternativlosigkeit des damaligen Vorgehens nicht länger erhoben wird.
Wolfgang Müller-Michaelis ist Wirtschaftswissenschaftler und emeritierter Honorarprofessor für Angewandte Kulturwissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg.



Montag, 23. Januar 2017

Ich mache Sie reich! KW 04 2017

der risikostarke Trader
A V P börsenletter
kurz.prägnant.konkret Samstag 21.01.2017


Markt aktuell mit übergeordnete & untergeordnete Trend

Aktuell befindet sich der Markt in einer konsolidierenden Bewegung.
Meine von mir verwendeten Spezialindikatoren zeigen für die kommende Woche eher eine Entscheidung in Richtung Süden für den Markt.

Da der übergeordnete Trend aber seit dem 04. November 2016 weiter positiv ist, führt ein darüber hinausgehender Rücksetzer Richtung 11.100 Punkte vermutlich zu einer Verbesserung des Chance- und Risikoprofils.
 
Es stimmt; die A/D Linie zeigt eine Konsolidierung
und der VDX zeigt ebenfalls eine untere Wende... das
30 Tg Momentum deutet hier untere W Formation an.


Depot alt & aktuell mit Einschätzung der Redaktion

Hier nun unser akutelles Depot. Ordentliche Gewinne haben sich angesammelt und wir hoffen, dass es nun so weitergeht.

... "gesehen und zitiert" …





Das Team von AVP wünscht eine geldreiche Börsenwoche.


Schlechte Verlierer: Das "Spielzeug Bestimmung der Politik" wird den alten Eliten weggenommen und gehässig heulen und zetern sie wie die Schlosshunde...!!!

gelesen und zitiert by Handelsblatt 23.01.2017


ich bin auf dem Rückflug von New York, während ich Ihnen diese Zeilen schreibe. In der Absicht, mich zu zerstreuen und der Gegenwart zu entkommen, lese ich, was die amerikanische Dichterin Sylvia Plath vor mehr als einem halben Jahrhundert über „The Great Gatsby“ geschrieben hat: „Dragon goes to bed with princess“. Unwillkürlich muss ich wieder an Trump denken, der mit seinem neureichen Imponiergehabe Amerika verführt hat. Ich denke aber auch an die Zehntausende von Frauen, die sich nicht haben verführen lassen, die durch New York marschiert sind, die uns veranlasst haben, aus dem Taxi zu springen, um mit ihnen zu gehen. „Not my President“, stand auf einem der Plakate.
Wäre Angela Merkel in New York gewesen, hätte sie dieses Schild in unser aller Namen hochhalten können. Not our President. Es geht dabei nicht um Zu- oder Abneigung, es geht um Interessen. Dieser 45. Präsident - und darin liegt die historische Zäsur seiner Machtübernahme - stellt seine Interessen über unsere. Wir dürfen Amerika dienen oder uns trollen. Amerika kommt zuerst - und danach lange nichts.
Bei einem Notfall ruft man in Deutschland normalerweise die Notrufzentrale 110 an. Wenn in den internationalen Beziehungen Gefahr im Verzug ist, haben sich Israelis und Araber, Weltbankpräsidenten, IWF-Direktoren und deutsche Bundeskanzler angewöhnt, die 001-202-456-1414 zu wählen, die Nummer des Weißen Hauses.

Dort fanden die Ratlosen Rat, die Geldknappen Geld, und wenn es sein musste, lieferte Amerika auch Raketen und Schnellfeuerwaffen.
Alle Präsidenten seit Woodrow Wilson, Initiator des Völkerbundes und Friedensnobelpreisträger,
verstanden sich als Globalisten. „Ich benutze nicht nur das eine Gehirn, das ich habe, sondern auch all die anderen Gehirne der Welt, die ich anzapfen kann“, sagte Wilson, dessen Amerika andere Nationen ein- und nicht ausschloss.
Doch unter der bisherigen Telefonnummer ist kein Anschluss mehr. Trumps Einzug im Weißen Haus beginnt mit einem Rückzug Amerikas. Die USA sehen sich nicht länger als Global Leader, sondern als eine Export-Import-Agentur im Auftrag der amerikanischen Arbeiter. „America First“ ist das Versprechen, mit dem Trump rund 62 Millionen Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen konnte. The dragon goes to bed with princess.
Wie erstarrt steht unsere Kanzlerin da, von innen und außen unberührbar. Weltfremdheit kann auch ohne eigenes Zutun entstehen, zum Beispiel dadurch, dass die Welt sich von der Kanzlerin entfernt. Die Südstaaten der EU kehren ihr den Rücken zu, Großbritannien hat den Anker gelichtet; Amerika ist bereit, den Flottenverband zu verlassen, den es sieben Jahrzehnte anführte.
Es geht für die deutsche Regierungschefin nicht in erster Linie darum, Trump zu kritisieren. Es geht darum, ihn zu erkennen. Noch weigert sich Merkel, die neue Normalität als solche anzuerkennen. Was 2015 als Kontrollverlust an unseren Außengrenzen begann, setzt sich in diesen Tagen als außenpolitische Orientierungslosigkeit fort. Die zentralen Fragen der Außenpolitik bleiben unbeantwortet: Wo steht Deutschland nach dieser Zäsur in Amerika? Wem folgen wir, wenn die USA als Vorhut ausfallen? Wie definieren wir unsere nationalen Interessen? Wo endet Europa, und wo beginnt Deutschland?


Die Überforderung der Kanzlerin ist nicht zu übersehen. Das Amerika, an das sie geglaubt hat, zeigt ihr die kalte Schulter. Das Amerika, in dem sie vor ihrer Politikerkarriere sogar für einige Zeit an der Seite ihres Wissenschaftlerfreundes und späteren Ehemannes gelebt hat, existiert nicht mehr. Trumps Rede zur Amtseinführung war im Grunde eine Abschiedsadresse.
Der Vorgang schmerzt, vergleichbar nur mit dem plötzlichen Ableben beider Elternteile. Die Vollwaise Deutschland muss ihre Lebenstauglichkeit nun allein unter Beweis stellen. Wenn ihr das nicht gelingt, kommt der Vormund.



Donnerstag, 19. Januar 2017

Mehrheitswahlrecht ohne Parteien

gelesen und zitiert by TichysEinblick 19.01.17

Hugo Müller-Vogg beschreibt zutreffend die Parteienrealität im Unterschied zu dem, was das Grundgesetz will. Für Fritz Goergen gute Argumente für die Forderung, alle Abgeordneten aller Parlamente direkt zu wählen und die Parteien im Grundgesetz zu streichen.


„Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.“
Diesen Absatz 1 des Artikel 38 des Grundgesetzes zitiert Hugo Müller-Vogg in seiner Replik auf meinen Beitrag, dass Direktmandate nicht den Parteien „gehören“ und fügt an: „Niemand kann also ein Mitglied des Bundestags zwingen, sein Mandat niederzulegen. Nur: Das gilt für direkt gewählte MdBs genauso wie für über die Landeslisten ins Parlament eingezogene. Die Unabhängigkeit des Abgeordneten hängt also nicht von seinem Wahlergebnis ab.“

Ums Wahlergebnis geht es in meinem Beitrag nicht, sondern darum, dass die Bürger Wahlkreis-Abgeordete direkt wählen, während sie bei den Listen-Abgeordneten nicht diese, sondern nur Parteien wählen – können. Legt ein direkt gewählter Wahlkreis-Abgeordneter sein Mandat nieder, rückt jemand von der Landesliste der jeweiligen Partei nach. Gibt das die Landesliste nicht her, wie das beim Ausscheiden von Katherina Reiche (CDU) 2015 in Brandenburg der Fall war, greift § 48 Abs 1 Satz 4 BWahlG: „Ist die Liste erschöpft, so bleibt der Sitz unbesetzt.  

Dass der Sitz von direkt gewählten Abgeordneten bis zur nächsten Wahl nicht unbesetzt bleibt, wenn einer stirbt oder zurücktritt, ist ein Systembruch, der nur einen Grund hat: Nichts soll die politische Arithmetik der Parteien durcheinander bringen. Je die Hälfte des Bundestags sollen direkt und indirekt gewählte Abgeordnete sein, will das Grundgesetz. Stört etwas die Interessen der Parteien, ersetzen sie eben einen direkt gewählten durch einen von der Partei bestimmten. Nicht alles, was durch Gesetz legal ist, ist auch legitim.
Müller-Vogg beschreibt die Wirklichkeit des Parteienkartells im Unterschied zu dem, was das Grundgesetz will, kenntnisreich und zutreffend. Ich bin ihm dankbar für die guten zusätzlichen Argumente für meine Forderung, alle Abgeordenten für alle Parlamente direkt zu wählen, das Parteienprivileg im Grundgesetz zu streichen – auch mit der Konsequenz, dass Parteinamen auf Stimmzetteln entfallen. Die Kandidaten für die Direktwahl haben ebenso wie alle Parteien, die dann Vereine sind wie alle anderen Vereine auch, jede Freiheit, der Öffentlichkeit mitzuteilen, welchem Verein sie angehören – aber nicht auf dem Stimmzettel.

Die anderen Möglichkeiten, der Stimme des Bürgers ein möglichst großes Gewicht zu geben, in den kleinsten Einheiten der Gesellschaft und auf allen Ebenen, auf denen politische Entscheidungen notwenig sind, will ich hier nur erwähnen. Der Phantasie zur Mitwirkung der Bürger sind mit Volksabstimmungen, Volksbegehren und der direkten Wahl von Abgeordneten noch lange keine Grenzen gesetzt. Volksentscheide sind auch keineswegs etwas, was nur in Gemeinden und Regionen sinnvoll wäre. Bei grundlegenden Richtungsänderungen der Politik ist das Plebiszit die angemessene Form. Die gängigen Argumente dagegen halten keiner ernsthaften Debatte stand. (Das Amt des Bundespräsidenten braucht keine Direktwahl, nur seine direkte Abschaffung. Es leben nicht mehr so viele, die über den Verlust des Kaisers getröstet werden müssten.)
Zum Schluss ein Blick auf ein aktuelles Ereignis der Parteienwelt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, die NPD nicht zu verbieten, weil sie zwar verfassungsfeindlich sei, aber politisch kein Gewicht hätte, denken die Parteien nun laut darüber nach, wie sie der NPD die staatliche Finanzierung (aus Steuermitteln übrigens) entziehen könnten. Ich habe da einen praktischen Vorschlag: durch die Streichung der staatlichen Finanzierung der Parteien insgesamt.
Fußnote: Durch die massive Erhöhung der personellen und finanziellen Ausstattung der Abgeordenten und der Fraktionen sind die Mitgliederparteien längst Fraktionsparteien geworden, bei der alle Macht – einschließlich der Kandidatenauswahl – de facto bei einer Handvoll Personen in jeder Fraktionsspitze liegt. Es wird also nicht reichen, nur die Parteienfinzierung im engeren Sinn abzuschaffen.

Moralischer Imperialismus

gelesen und zitiert by TichysEinblick 19.01.17

 Angela Merkel und Donald Trump folgen den gleichen Miss-Verständnissen von Wirtschaftspolitik: Sie unterstellt den Briten beim künftigen EU-Zugang "Rosinen picken", er unterstellt das den Autoherstellern in Japan und Deutschland.

 

Viele unterstellen der Marktwirtschaft, sie sei inhärent unmoralisch, ihr ginge jede Moral ab. In ihr würde es nur um Gewinnstreben zu Lasten der Umwelt, der Arbeitsplätze oder der Gesundheit gehen. Deshalb brauche es eine höhere Instanz, die (moralische) Standards für alle festlegt. Das ist eine der häufigsten Begründungen für den „Primat der Politik“ und die politische Intervention der Regierung und des Parlaments. Ihre moralischen Maßstäbe sollen von allen akzeptiert werden. Diese moralische Überlegenheit führt leicht zur Überheblichkeit über andere – über Bürger im eigenen Land, aber auch in anderen Ländern.
Die Bundeskanzlerin hat vor der Industrie- und Handelskammer Köln einen Einblick in ihr moralisches Weltbild gegeben. Zwar sprach sie sich in ihrer Rede im Allgemeinen für ein „Konzept der Offenheit“, ein „Prinzip des Sich-Auseinandersetzens mit den Wettbewerbern“ aus, doch im Konkreten sieht sie ihre Rolle und die Rolle des Staates ganz anders.
Für sie ist die Europäische Union kein offenes Konzept, sondern ein abgeschotteter Raum. Wer Waren in diesen Wirtschaftsraum liefern will, muss auch die Personenfreizügigkeit im eigenen Land akzeptieren. Es gilt das Prinzip: alles oder nichts. Ihre große Sorge ist, “wenn sich plötzlich herausstellt, dass man den vollständigen Zugang zum EU-Binnenmarkt auch bekommen kann, wenn man sich nur bestimmte Dinge aussucht, dann wird der Binnenmarkt, …, als solcher sehr schnell in Gefahr geraten, weil sich jedes Land dann seine Rosinen herauspickt.“ Warum sollte ein Markt in Gefahr geraten, weil Unternehmen ungehindert Waren dorthin liefern können? Andersherum wird ein Schuh daraus. Abgeschottete Märkte verlieren die Akzeptanz der Bürger, weil diese nicht alle Waren und Dienstleistungen erhalten oder nur zu einem erhöhten Preis.
    Angela Merkel macht letztlich einen ähnlichen Fehler wie Donald Trump. Es tun sich Parallelen auf zu Trumps Verständnis von Wirtschaftspolitik: Er unterstellt den Autoherstellern in Japan und Deutschland auch Rosinenpicken. Wer einfach den US-Markt mit Produkten beliefern will, ohne dass er in den USA Arbeitsplätze schafft, soll bald Strafzölle bezahlen müssen. Mit nichts Anderem droht die EU und indirekt jetzt auch Angela Merkel den Briten. Sie sollen einen Strafzoll, die EU nennt diesen „Beitrag zur Finanzierung des Binnenmarktes“, bezahlen müssen, damit die britischen Unternehmen Zugang zum EU-Binnenmarkt bekommen. Das erinnert einen an die Willkürabgaben der niedergehenden Ostblockstaaten, die an der eigenen Grenze von jedem Einreisenden eine „Infrastrukturabgabe“ verlangten, deren Sinn schon damals als ein reines Abkassieren empfunden wurde.
    Merkel beklagt in ihrer Kölner Rede auch, dass es in der Vergangenheit bei der Aushandlung von Freihandelsabkommen zu häufig nur um den Abbau von Zöllen ging. Sie habe es als Umweltministerin bedauert, dass zu wenig darauf geschaut wurde, „ob auch in anderen Ländern nachhaltige Landwirtschaft betrieben wird“. Sie spricht sich dafür aus, dass sich die Regierung mit Gewerkschaften, Unternehmern und Nicht-Regierungsorganisationen über nicht-tarifäre Handelshemmnisse im Bereich Soziales, Verbraucherschutz und Umweltschutz besser abstimmen müsse. Konkret sagte die Kanzlerin: „Wenn hochentwickelte Länder wie die Vereinigten Staaten von Amerika, Kanada und wir in Europa gemeinsame Standards entwickeln, wird es der Rest der Welt schwer haben, unter diesen Standards zu bleiben.“
Das ist eine sehr gefährliche Sichtweise. Wenn man diesen Gedanken Merkels zu Ende denkt, dann wird bald Bedingung für den Zugang zum EU-Binnenmarkt sein, dass die Mindestlöhne der EU auch in China bezahlt werden müssen. Und dann werden demnächst die Luftreinhaltungsstandards der EU auch in Indien oder Afrika gelten müssen, damit deren Unternehmen Waren nach Europa liefern dürfen. Entwicklungsländer würden dann dauerhaft von einem wirtschaftlichen Aufstieg abgeschnitten. Diese Handelshemmnisse würde Afrika und andere Regionen dieser Welt in ihrem Entwicklungsstand konservieren. Deren gerade beginnender Aufschwung würde abrupt beendet. Soviel zur Moral …

Der Anti-Achtundsechziger

gelesen und zitiert by Junge Freiheit 19.01.17

Donald Trump herzt die amerikanische Flagge Foto: picture allianca/dpa
Stunden vor der Anlobung von Donald Trump als nächstem US-Präsidenten steht fest, daß zwei Berufsgruppen ihn ganz besonders hassen: Journalisten und Pop-Artisten. Eigentlich verwunderlich, erscheint Trump mit seinen gefühlten zwei Dutzend Twitter-Tweets täglich doch geradezu als Lichtgestalt des Medienzeitalters. Mit 70! Trotzdem hassen sie ihn, und das mit gutem Grund.
Trump ist der erste Staatschef der westlichen Welt, der mit dem Schlachtermesser in der Hand den heiligen Kühen der permissiven Gesellschaft zu Leibe rückt. Permissiv, das kommt von Lateinisch permittere: zulassen, erlauben. Es ist die Gesellschaft, in der alles möglich ist, Spaß, bunt, tolerant, gleichgültig – anything goes. Die Gesellschaft, in der wir leben.
Viele haben sie schon zum Teufel gewünscht, allen voran die traditionellen Konservativen. Doch der traditionelle Konservatismus ist ein toter Hund. Trump hingegen ist ein quicklebendiges Kind der Jetztzeit, ganz ungeachtet seines Alters. Allein die Frisur. Und Melanias unmögliche Möbel. Donald Trump und Cindy aus Marzahn sind Seelenverwandte, beide unvorstellbar ohne die permissive Gesellschaft.
Die permissive Revolution frißt ihre Kinder
Daß er Milliardär ist, macht keinen Unterschied (Cindy hat auch nicht schlecht Kasse gemacht bei dem ganzen Rummel). Vor allem aber sind sie die Antwort auf all die Lady Gagas & Co mit ihrer platten TV-Ethik: „Was immer ich an revolutionärem Potential habe, möchte ich dazu nutzen, um die Welt zu verbessern.“ Vor 200 Jahren gab es dafür das schöne Wort Aftermoral.
Auch die permissive Revolution frißt ihre Kinder, und die sind jetzt dran. Trump hat gute Chancen, als Liquidator des Achtundsechziger-Erbes in die Geschichte einzugehen. Nicht umsonst sträubt sich die gefeierte, verwöhnte Medienelite mit Haut und Haaren gegen den neuen Mann. Trump wird ihnen zeigen, wo der Maurer das Loch gelassen hat.
Ob er damit durchkommt? Noch blasen sie die Backen auf. Zwei Tage vor seiner Inauguration schickte Kyle Pope, Chefredakteur der Columbia Journaism Review, ihm „im Namen der US-Presse“ einen geharnischten offenen Brief: „Wir entscheiden, wieviel Raum wir Ihren Sprechern einräumen. Wir bestimmen die Spielregeln.“
Der Kampf ist unausweichlich
Wenigstens ist damit die Wahrheit an den Tag gebracht. „Wir bestimmen die Spielregeln“ – das gilt auch für Deutschland. Längst ist die vierte Macht die erste Macht. Das behagt längst nicht allen Wählern. Stellvertretend für sie nimmt Donald Trump den Fehdehandschuh auf. Über 40 Millionen Follower hat sein Twitter Account. Wie viele Abonnenten hat die New York Times?
Der Kampf ist unausweichlich. Die Institutionen des anything goes, die Nutznießer von Kiss bis Shakira, formieren ihre Phalanx. Dahinter erwarten die Journalisten mit spitzer Feder den Feind. Kein Promi hat sich herabgelassen, zu Trumps Inauguration die Nationalhymne zu singen. Nun hat das blonde Wunderkind Jackie Evancho, 2010 Star einer Castingshow, die Rolle übernommen.
Höhnisch klingt das Gelächter in den Redaktionen von New York bis Berlin, doch aus Sicht eines einfachen Amerikaners könnte die Entscheidung genau die richtige sein. Die 16jährige Jackie sieht aus wie der fleischgewordene Traum der flyover states – der Staaten zwischen Kalifornien und New York City. Ein Intellektueller, der auf sich hält, nimmt sie allenfalls aus dem Flugzeug wahr. Es sind die flyover states, denen Donald Trump seinen Wahlsieg verdankt.

Dienstag, 17. Januar 2017

Volk als Fiktion... - von Karlheinz Weissmann

gelesen und zitiert by Junge Freiheit 17.01.2017

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) (hier bei der Einheitsfeier am 3. Oktober 2016): Das Volk als Fiktion Foto: picture alliance / dpa

Wenn von Politikern Texte veröffentlicht werden, ist nie ganz klar, wer sie geschrieben hat. Wahrscheinlich nicht sie selbst, sondern ein Profi, der dafür angestellt und bezahlt wird. Das darf man auch im Fall des Beitrags vermuten, den die Frankfurter Allgemeine Zeitung in der vergangenen Woche unter dem Namen des Bundestagspräsidenten Norbert Lammert abdruckte.
Nicht daß bezweifelt würde, daß das, was da steht, die Überzeugung Lammerts wiedergibt, aber viele Indizien sprechen gegen eine gründliche Auseinandersetzung mit der einschlägigen Literatur und für den Zettelkasten eines Redenschreibers. Ein Hinweis ist der Mix aus aktuellen Bezugnahmen und grundsätzlichen Erwägungen.
Konzentrieren wir uns auf das Grundsätzliche. Dazu gehört zuerst einmal die Behauptung, daß der Staat keine konkrete Größe ist – klassischerweise definiert über Staatsvolk, Staatsterritorium, Staatsgewalt –, sondern auf formalen Regeln und „gemeinsamen Bekenntnissen“ beruht.
Diese „gemeinsamen Bekenntnisse“ beziehen sich auch nicht auf irgend etwas Konkretes, sondern auf das, was man gemeinhin die „westlichen Werte“ nennt; bei Lammert geht es um die „Verfassung der Freiheit“. In der Konsequenz hält Lammert die Rede vom Volk, gar von „Volkssouveränität“, für eine Fiktion. Was das Volk im Sinne des Grundgesetzes sei, stehe jederzeit zur Disposition und könne demgemäß auch jederzeit umdefiniert werden.
Das Volk hat seine Schuldigkeit getan
Bei wohlwollender Deutung könnte man sagen, daß Lammert meint, die bestehende Ordnung rechtfertige sich durch ihr Funktionieren. Das Volk hat seine Schuldigkeit als „pouvoir constituant“ getan, als jene Größe nämlich, die die Verfassung schuf und dann beiseite trat, um den politischen Profis das Feld zu überlassen und Ruhe zu geben.
Diese Argumentation ist an sich nicht neu, hat allerdings im deutschen Fall schon den Schönheitsfehler, daß hier das Volk nach dem Zweiten Weltkrieg niemals über seine Verfassung abgestimmt hat, auch dann nicht, als das in Folge der Wiedervereinigung zwingend geboten schien (Artikel 146 GG, ursprüngliche Fassung).
Aber sehen wir von solchen Kleinigkeiten ab: Denn ein größeres Problem liegt darin, daß, wenn dem Volk schon zugestanden wird, daß es die Verfassung „konstituiert“, ein Volk da sein muß, bevor die Verfassung in Kraft tritt. Das heißt, es muß ein Ganzes bestehen, das als handelnde Einheit auftreten kann, weil sich die Zugehörigen als zugehörig erkennen.
Die Kriterien für die Zugehörigkeit mögen schwanken, aber die Gesinnung, die „gemeinsamen Bekenntnisse“, von denen Lammert spricht, sind kaum ausschlaggebend. Anders dagegen dieselbe Sprache, dasselbe Herkommen, dieselbe historische Erfahrung.
„Multikulturalität“ und Rechtspositivismus
Von alldem findet sich bei Lammert nichts. Kann sich nichts finden, weil er die faktische „Multikulturalität“ anerkennt und Demokratie nicht mehr als Volksherrschaft begreifen will, sondern als Ordnungsrahmen für „konkurrierende Interessen und Ideen, die in einem Wettstreit nach Mehrheiten streben“. Woher dieser Formalismus stammt, ist unschwer zu erkennen an dem Hinweis auf Hans Kelsen in Lammerts Text.
Kelsen war der bedeutendste Vertreter des Rechtspositivismus im 20. Jahrhundert. Sehr verkürzt könnte man sagen, daß sich für den Rechtspositivismus die Geltung des Rechts aus seinem faktischen Vorhandensein ergibt. Diese inhaltliche Leere ist unschwer als Problem zu erkennen, auch wenn man sie mit irgendwelchen Werten zu füllen sucht. Ein Schwachpunkt, auf den Kelsens Kontrahent Carl Schmitt immer wieder hingewiesen hat.
„Völkisch-autoritäre Revision von innen“
Der kommt bei Lammert nicht vor, aber bei Claus Leggewie, dessen Text den des Bundestagspräsidenten in der FAZ flankierte. Von Lammerts Bemühen um eine gewisse Sachlichkeit ist bei Leggewie nichts zu spüren. Bei ihm geht es gleich mit „Faschismus“ los. Dessen Fratze zeige sich heute in dreierlei Gestalt: „dschihadistischer Terror“, „Cyberwar“ und „völkisch-autoritäre Revision von innen“. Dem ersten Angreifer wird etwas, dem zweiten kaum, dem dritten besondere Aufmerksamkeit zuteil.
Das erklärt sich daraus, daß der Politikwissenschaftler Leggewie sehr genau weiß, welche Dynamik im Appell an „das Volk“ liegt, wie deutlich die von Schmitt analysierten Bruchlinien zwischen demokratischem und parlamentarischem Prinzip hervortreten, wenn eine politische Ordnung unter Druck gerät und sich nicht die übliche Frage nach der Legalität – der Gesetzmäßigkeit –, sondern die nach der Legitimität – der Rechtmäßigkeit – stellt.
Was, wenn die „Populisten“ die Mehrheit überzeugen?
Dieses Wissen hat bei Leggewie aber nicht nur mit Kenntnis der theoretischen Staatsrechtslehre zu tun, sondern auch mit persönlicher Erfahrung. Die „offene Gesellschaft“ war nicht seine erste politische Liebe. Die keimte und wuchs nur Stück für Stück, nachdem der Altachtundsechziger sich zu etablieren wußte und Aufnahme fand in jene Kreise, die er früher als Establishment verachtete. Aber die Erinnerung an „damals“ hat das nicht ausgelöscht.
Das heißt, Leggewie erinnert noch sehr genau, wie mächtig das Prinzip der „militant democracy“ wirken kann, wenn eine hinreichend entschlossene Gruppe mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg den Herrschenden vorhält, die verfassungsmäßige Ordnung beseitigen zu wollen, indem sie den Volkswillen übergeht. Gar nicht zu reden davon, was geschehen kann, wenn die Populisten von heute anders als die von damals tatsächlich einen erheblichen Teil des realexistierenden deutschen Volkes auf ihre Seite bringen könnten.

Dienstag, 3. Januar 2017

Simone Peter und die Polizei Die Wirklichkeit drängt ans Licht


gelesen und zitiert by Junge Freiheit 03.01.2017 von Karlheinz Weißmann

Die Reaktion der Grünen-Chefin Simone Peter, als bekannt wurde, daß die Polizei den Begriff „Nafri“ für „Nordafrikanischer Intensivtäter“ verwendet, war reflexhaft. Man spielte ihr die Information zu, und sie verhielt sich erwartbar: die am Kölner Hauptbahnhof Angehaltenen, Durchsuchten, Befragten, erkennungsdienstlich Behandelten, Festgesetzten aus Algerien, Tunesien, Marokko, Libyen, Ägypten oder dem Libanon als Opfer, die Polizei als Täter, das heißt Unverhältnismäßigkeit, Verletzung der Grundrechte, „racial profiling“, „Rassismus“.
Man sekundierte ihr, vor allem seitens der Parteifreunde mit dem bekannten Hintergrund. Mancher fürchtete schon, es werde wieder wie bei den Nazis, und Jan Böhmermann fragte inquisitorisch, wo denn der Unterschied zwischen „Neger“ und „Nafri“ liege.
Politischer Klimawandel
Irritierenderweise gab es aber auch Einwände. Rasch ging der Co-Vorsitzende Cem Özdemir auf Distanz, der Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour fand am Polizeieinsatz in der Silvesternacht nichts auszusetzen. Derselben Linie folgte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt.
In der SPD-Spitze, die bei solcher Gelegenheit gerne ihre „kritische“ Haltung gegenüber der Obrigkeit zum Ausdruck bringt, blieb der Beifall für den Vorstoß Peters aus. Das führte auf seiten der größeren Regierungspartei zu einer gewissen Irritation, aber dann faßte man sich und lobte die Beamten, die die Ordnung aufrechterhalten hatten, die Christsozialen selbstverständlich, aber auch die Christdemokraten mit dem Innenminister als glaubwürdigstem Verfechter des „starken Staates“.
Der Ablauf, der hier gerafft wiedergegeben wurde, ist ein erstaunliches Indiz für den politischen Klimawandel, der sich im Laufe eines Jahres seit dem „Schwarzen Silvester“ 2015 vollzogen hat. Das heißt, es geht nicht um schwankende Stimmungslagen, sondern darum, daß etwas in Frage gestellt wird, was seit der „Fundamentalliberalisierung“ (Jürgen Habermas) im Gefolge von ’68 zu den Selbstverständlichkeiten bundesrepublikanischer Politik gehört hatte.
Reflexhafte Reaktion
Solche Selbstverständlichkeiten haben mit dem zu tun, was die Psychologie „Konditionierung“ nennt. Die gibt es nicht nur bei Tieren – wenn der Hund sabbert, sobald er Futter wittert –, sondern auch bei Menschen. Das heißt, es gibt einen Reiz, und darauf erfolgt sicher eine Reaktion. Bei Simone Peter war der Reiz „Polizei gegen Migranten“ und die Reaktion „böse weiße Herrenmenschen gegen edle Wilde“.
Um eine solche Verknüpfung in Menschen zu verankern, bedarf es erheblicher und langdauernder Anstrengung. Die besteht vor allem in Erziehungsarbeit. Die offenen Erzieher (Eltern, Lehrer, Dozenten, eventuell Geistliche) und die heimlichen Erzieher (Cliquen, andere Bezugsgruppen, die Verantwortlichen für Inhalte von Medien jeder Art) müssen dabei zusammenwirken und klarstellen, welches Verhalten belohnt, welches bestraft wird. Wer wie Frau Peter in den vergangenen fünfzig Jahren großgeworden ist, der gehört einer Altersgruppe an und lebt in einem Milieu, das so erfolgreich ausgerichtet wurde – nichts anderes heißt „konditionieren“ –, wie kaum ein anderes.
Die fein gehegte Welt hat Risse bekommen
In seinem Kosmos ist alles, was es vor ’68 gab, deutsch, häßlich, bestenfalls spießig, schlimmstenfalls faschistisch, während danach die neue Welt westlich, hübsch und progressiv wurde; man selbst gehört zu den Guten, Linken, Smarten, während die anderen die Bösen, Rechten sind, die die falschen Klamotten tragen und die falsche Musik hören.
Diese Welt hat jetzt Risse bekommen. Durch die Risse dringt die Wirklichkeit ein, und wenn überhaupt etwas, dann kann die Wirklichkeit eine Konditionierung stören, sogar zerstören, weil sie das Verhältnis von Erfolg und Mißerfolg neu justiert.

TecDAX seit Anfang 2017

An den geneigten Anleger,

zu erkennen ist ein schöne Entwicklung, die Hoffnung für die Zukunft gibt...!


Montag, 2. Januar 2017

Buchempfehlung




   

Rezension »

Wer mich vereinnahmen will, ist noch nicht geboren.«
Michel Houellebecq im Interview mit Canal Plus

»Der umwerfendste Schriftsteller unserer Gegenwart.«
Julia Enke, F.A.S.

»Der neue Roman von Michel Houellebecq ist schrecklich. Er entwirft das Bild eines islamistischen Gottesstaates in Frankreich in der nahen Zukunft. Nicht dass der Roman nicht lesenswert wäre. Im Gegenteil: man kann ihn kaum aus der Hand legen. Man redet sich ein, dass die Kunst alles darf, doch die Unruhe, die den Leser erfasst, verlässt ihn nicht. Es ist ein Roman, der einen abstößt und zugleich fasziniert […]. Der stupende Diagnostiker Houellebecq zielt so furcht- wie gnadenlos ins Herz westlicher Angst. Kein Autor hält der offenen Gesellschaft ihre Albträume so schonungslos vor wie er.«
Sandra Kegel, F.A.Z.

»Eine literarische Bombe […]. Der Meister der subversiven Provokation […] meldet sich als radikaler Zeitdiagnostiker und schwärzester Kulturpessimist mit einer politischen Fiktion [...].«
Romain Leick, SPIEGEL

»Ich halte ›Unterwerfung‹ für eine der gelungensten, weil fantasievollsten, witzigsten, um nicht zu sagen aberwitzigsten Arbeiten, die der Autor je geschaffen hat […] ein grandioses Buch.«
Tilman Krause, DIE WELT

»Mit kühler Ambivalenz macht der Franzose dem inzwischen ja gerade zu freiheitsbesoffenen Westen vor, wie man wahrhaft frei denkt.«
Edo Reents, F.A.Z.

Edward Snowden: «Es geht bei der Terrorabwehr um Überwachung und Macht»


Der Whistleblower und Enthüller des NSA-Überwachungsskandals, Edward Snowden, hat sich von Moskau aus auf dem „Chaos Computing Congress 2016“ (33C3) mit einer zugeschalteten Videobotschaft zu Wort gemeldet. 

Darin warnt der prominente Überwachungskritiker vor Gleichgültigkeit gegenüber der anhaltenden Datenschnüffelei durch Geheimdienste. Als Werkzeug gegen den Terrorismus hält er Überwachungsmaßnahmen für ungeeignet.
Snowdens Ansicht nach geht es bei der heute praktizierten Überwachung „nicht um Sicherheit oder Schutz, sondern um Macht“. Geheimdienste suchten nach Schwächen, ohne dabei zwischen Bürgern und Verdächtigen zu unterscheiden. Eine gewichtige Rolle bei der Aufklärungsarbeit bezüglich der Programme der NSA und ihrer Partner schreibt der Whistleblower Deutschland zu, da es sonst nirgends einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß dazu gäbe.
Das anhaltende Schweigen ob der NSA-Praktiken gefährde außerdem die Glaubwürdigkeit des Westens. Weiter warnte Snowden davor, daß in immer mehr Ländern die Überwachungsmechanismen ausgebaut und die Kompetenzen zum Teil mißbraucht würden. Es sei grundsätzlich schlecht, wenn Regierungen im Geheimen handelten.
Quelle: Zuerst.de